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Die Schicksalsjahre der Pabonen

Burggraf Heinrich III. - Fortsetzung

Die Wallfahrt nach Jerusalem

Welf VI. im sog. Stifterbüchlein, entstanden um 1500 für die Reichsabtei Weingarten, heute Württembergische Landesbibliothek Stuttgart, Cod. hist. Q 584, fol. 38v.
Am Vorabend dieser kriegerischen Expedition wählten drei namhafte Männer, wohl äußerst unzufrieden mit der kaiserlichen Politik und bereits in der dumpfen Vorahnung neuerlichen Unheils, ostentativ eine andere Lösung und kündigten um die Jahreswende 1166/1167 statt einer Teilnahme am Feldzug in Italien eine Wallfahrt nach Jerusalem an.

Es handelte sich gerade um die beiden Männer, die anlässlich der Würzburger Eide bereits konspirative Neigungen gegen den Kaiser entwickelt hatten, nämlich Herzog Welf VI. - bald der letzte des bayerisch-schwäbischen Familienzweiges - und Pfalzgraf Friedrich der "Bärtige" von Wittelsbach. Der dritte im Bunde war jedoch - Burggraf Heinrich III. von Regensburg!

Der alternde Herzog Welf, an sich Onkel des Kaisers, Herzog von Spoleto, Markgraf von Tuszien und Fürst von Sardinien, hatte sich mit offiziellen Äußerungen über die Gegenpäpste mit Rücksicht auf seinen kaiserlichen Neffen lange zurückgehalten. Zum Dank hatte der Barbarossa seinen Onkel in den Jahren zuvor aber immer mehr die Verfügungsgewalt über dessen italienischen Besitzungen entzogen. Im Herzen war Welf aber ein kirchentreuer Mann, bevorzugte als Politiker Verhandlungslösungen und hielt alles in allem die schismatische und konfliktreiche Politik des Kaisers für falsch. Kein Wunder also, wenn er haderte.

Nicht anders erging es Pfalzgraf Friedrich von Wittelsbach, der als ständige Nummer 2 in der Rangfolge der Familie die Linientreue seines Bruders Otto, des Kaisers Bannerträger und treuester Vasall, nicht teilen wollte und an der Relegation seines anderen Bruders Konrad aus der Würde des Erzbischofs von Mainz zusätzlich schwer trug.

Und Burggraf Heinrich III. von Regensburg?

Seine Motive für eine Wallfahrt sind nach dem bisher Vernommenen unschwer zu erraten!

Also entsagten die drei Männer dem Heergang nach Italien und wählten die Pilgerschaft nach Jerusalem als friedliche Alternative. Es ist aber auch möglich, dass der Kaiser diese Wallfahrt sogar angeordnet hatte, weil er Männer, die er subversiver Gedanken verdächtigte, auf diese Art aus dem Weg zu räumen pflegte. Auch wenn es unglaublich klingt, eine Wallfahrt als Disziplinierungsmittel des Kaisers lag durchaus im Bereich des Möglichen [01].

Wie dem auch sei, nach dem Dreikönigsfest des neuen Jahres, am 6. Januar 1167, brachen die drei Männer mit ihrem Gefolge ins Heilige Land auf [02]. Auch wenn sie die Schiffsroute bevorzugten und über Italien zogen, auch wenn Herzog Welf zuvor noch mit seinem kaiserlichen Neffen Friedrich eine persönliche Unterredung hatte, bei der er um des lieben Friedens willen diesem als Ersatz seiner selbst seinen Sohn als Stellvertreter anempfahl, so handelte es sich bei dieser Friedensfahrt nichtsdestotrotz um eine Aktion mit politischer Signalwirkung: Im Falle der Freiwilligkeit entweder um ein demonstratives Verhalten, um einen Affront der drei Männer dem Kaiser gegenüber [03] - oder umgekehrt!

Die Reise ins Heilige Land verlief für die Fürsten und ihr Gefolge offensichtlich ohne größere Hindernisse, die Ostermesse am 8. April 1167 konnten sie bereits in der Grabeskirche in Jerusalem feiern. Burggraf Heinrich III. wird bei dieser Gelegenheit das Grab seines Großvaters Heinrich II.  gesucht bzw. aufgesucht haben. Von Kampfhandlungen scheinen die Wallfahrer verschont geblieben zu sein; die Auseinandersetzung mit den Fatimiden hatte sich damals nach Ägypten verlagert.

Am 27. April 1167 unterzeichnete die Delegation nach Verhandlungen mit dem Templerorden eine bedeutsame Urkunde. [04]

Bertrand von Blanquefort, der 6. und wohl fähigste aller Großmeister des Ordens, übertrug ein "praedium" in Ottmarshart im Norden Dachaus und ein weiteres im Leukental bei St. Johann in Tirol an Pfalzgraf Otto von Wittelsbach resp. seine Erben. Als Treuhänder fungierte der vor Ort anwesende Bruder des Pfalzgrafen, Friedrich der Bärtige. Die Verhandlungen auf Seite des Ordens führte der Präzeptor von Lombardien, Bruder Bonifatius. Der Sachverhalt dieser Urkunde, die uns im Original erhalten geblieben ist, mutet eigenartig an.

Welche Motive hatte der Orden, den Pfalzgrafen an der Seite des Barbarossa zu beschenken?

Sicherlich handelte es sich nicht um einen Akt der Selbstlosigkeit! Es ist anzunehmen, dass man als Gegenleistung das Wohlwollen des designierten Herzogs bei der Etablierung des Templerordens im Herzogtum Bayern erwartete. Burggraf Heinrich von Regensburg würde dabei mit Unterstützung des Welfen und Friedrich von Wittelsbach eine entscheidende Rolle spielen. Damals wurde Pfalzgraf Otto von Wittelsbach quasi als Stillhalteprämie fiktives Templergut übertragen, das an sich Welf VI. gehört hatte (Ottmarshart bei Dachau und Güter im Leukental). Zu diesen Hintergründen verweisen wir an dieser Stelle auf eine weitere Arbeit, die die damaligen Vorgänge noch wesentlich genauer beleuchtet. [Link]

Es ist weitgehend gesichert, dass der Graf den Templerorden nach seiner Rückkehr aus Jerusalem nicht nur in unmittelbarer Nähe seines Stammsitzes Riedenburg ansiedelte - nämlich in Altmühlmünster und Deising, wie Aventinus berichtet und dabei das Ereignis entgegen örtlichen Informationen korrekt datiert [05], sondern auch in Thannbrunn an der Weißen Laaber, mit späteren Zweigstellen in Berching, Weihersdorf und Oberweiling. Der Kontakt zu den Templern war dabei schon früher erfolgt; ein erster Ansiedlungsversuch in Heiligenstadt bei Bad Gögging und in Aiterhofen bei Straubing, weswegen sich später Abt Adalbert von St. Emmeram einschaltete, lag bereits ein paar Jahre zurück. [06]

Wollte man den supranational agierenden Templerorden, der in Frankreich seinen Schwerpunkt besaß, quasi deshalb als reichsübergreifende Kraft auch in Bayern etablieren, um einen weiteren Gegenpol gegen die staufische Übermacht zu schaffen?

Damit, dass die weiteren Ansiedlungen der Templer im Bistum Eichstätt und nicht im Bistum Regensburg erfolgten, in dem übrigens auch die einzige Templerkommende Altbayerns urkundlich nachweisbar ist, nämlich in Moosbrunn (heute Moritzbrunn), hat es wohl seine besondere Bewandtnis, weswegen wir später nochmals darauf eingehen. Jedenfalls kann die Urkundenarmut aufgrund der widerrechtlichen Enteignung der Templer im 14. Jahrhundert nicht als Gegenargumentgelten. Keiner der "Rechtsnachfolger" der Templer hatte ein Interesse daran, den einstigen Besitz des Ritterordens dokumentarisch zu belegen.

Aus der Jerusalemer Urkunde erfahren wir auch Näheres über die Verbündeten und die Gefolgschaft Burggraf Heinrichs. Zu seinen Mannen zählten an erster Stelle die Leibritter Roger von Keilsdorf und Hartnit von Hirschling, beide treue Vasallen Heinrichs; der eine aus der Riedenburger, der andere aus der Steflinger Heimat [07], außerdem Werner von Luckenpaint [08], ein gewisser Heinrich Mahr und der "Proviantmeister" (spisarius) Konrad.

Einige Wochen nach Unterzeichnung der Urkunde, im Sommer 1167, trafen beunruhigende Nachrichten aus Italien ein. Vor allem Herzog Welf VI. hatte allen Grund, umgehend zurückzukehren: In Italien war im Kaiserheer, in welches er seinen Sohn zwar mit Widerwillen, aber "unter verlockenden Versprechungen des Kaisers" [09] gegeben hatte, eine todbringende Seuche ausgebrochen!

Als die Gefährten im Sommer 1167 zurück nach Rom kamen, bot sich ihnen ein Bild des Grauens!

Was war passiert?

Erzkanzler Rainald von Dassel und Erzbischof Christian von Mainz waren mit ihrem Aufgebot im Westen der italienischen Halbinsel gegen das aufrührerische Rom gezogen und hatten das städtische Aufgebot bei Tusculum vernichtend besiegt, während der Barbarossa nach längeren Kämpfen gegen den Veroneser Bund die Stadt Ancona eingenommen hatte und sogar bis nach Apulien vorgedrungen war. Als die Hauptstadt immer noch nicht aufgab, geriet der Kaiser in Zorn, griff die Aufständigen, die sich in der Papstkirche St. Peter verschanzt hatten, direkt an und er schreckte auch nicht davor zurück, St. Peter bestürmen und die daneben stehende Kirche St. Maria in Turri in Brand stecken zu lassen. Um ein Haar wäre das ganze religiöse Zentrum der Christenheit ein Raub der Flammen Barbarossas geworden [10]!

Nach dem Sieg richteten die deutschen Truppen unter den Gegnern ein Blutbad an und besudelten damit zusätzlich das Zentralheiligtum aller Christen. Anschließend krönte der Kaiserfavorit Paschalis III. die Kaiserin in der Peterskirche, während Papst Alexander III. als Pilger verkleidet nach Benevent floh. Militärisch gesehen, war es ein Sieg auf der ganzen Linie. Doch dann verließ die Deutschen das Glück.

Während das erschöpfte und ausgelaugte Heer unter unhygienischen Umständen vor Rom lagerte und an der drückenden Hitze litt, brach im Feldlager das Fleckfieber aus. Zusätzlich infizierten sich ganze Heeresteile an der Ruhr [11]. Diese Seuchen dezimierten nicht nur die gemeinen Truppen, sondern schlugen auch unter den Reichsfürsten unbarmherzig zu. Damals verloren unter heftigsten Fieberkrämpfen nach und nach Tausende von Männern das Leben, darunter so berühmte Leute wie Herzog Friedrich von Schwaben, der Sohn König Konrads III., Erzbischof Rainald von Köln, Erzkanzler Rainald von Dassel, Bischof Eberhard von Regensburg, die Bischöfe von Speyer, Prag, Werden und Lüttich, Graf Berengar von Sulzbach und Graf Heinrich von Tübingen.

Der Kaiser musste sich mit dezimierten Truppen nach Oberitalien zurückziehen und vor dem vereinigten Veroneser und Lombardischen Bund fliehen, zuletzt unter Gefahr für Leib und Leben. Einem Anschlag auf seine Person entging er nur deshalb, weil er mit einem Ritter die Kleidung tauschte und incognito über die Schweiz nach Deutschland zurück floh.

Das Ende der Karrieren

Als die Jerusalempilger nach Italien zurückgekehrt waren, fanden sie Trümmer und Chaos in allen Landesteilen sowie ein Feldlager voller Sterbender und Leichen vor. Die schlimmsten Befürchtungen waren bestätigt. Gott hatte sich trotz der Bitten und Opfer der Wallfahrer nicht auf die Seite der Deutschen gestellt. Welf VII., der einzige Sohn Herzog Welfs, hatte längere Zeit noch Geschäfte in der welfischen Toskana erledigt und war erst kurz vor Ausbruch der Seuche zum Heer gestoßen; er hatte sich aber am Ende ebenfalls infiziert und starb wenig später in Siena, wohl in den Armen seines Vaters. Herzog Welf VI. verlor mit ihm nicht nur den einzigen Sohn, sondern auch seinen Stammhalter und Erben und damit seine einzige Hoffnung. Obendrein waren seine Besitzungen in Italien zerstört, seine dortige Autorität hatte stark gelitten, und es würde Jahre dauern, bis alle Wunden verheilt wären. In dieser verzweifelten Situation gab der Herzog, der bisher zugunsten seines Neffen Friedrich Barbarossa immer zurückgesteckt und sich trotz weitergehender Ansprüche mit dem Herzogstitel von Spoleto zufriedengegeben hatte, seine Zurückhaltung auf. Er verfluchte den Kaiser und seine kurzsichtige Politik:

"Als zur selben Zeit der Vater aus Jerusalem zurückkam und in Rom auf ihn [den kranken Sohn] traf und die verruchten Freveltaten des Kaisers sah, verfluchte er diesen und das ganze Heer, ehe er über Trient nach Hause zurückkehrte…" [12].

Die Verwünschung wird in aller Öffentlichkeit geschehen sein. Welf VII. starb schließlich am 12. September in Siena.

Welf VI. brachte seinen toten Sohn, vielmehr die Gebeine desselben, die aus dem infektiösen Fleisch ausgekocht worden waren, in die Heimat zurück und bestattete sie im Hauskloster Steingaden, das er vor dem Kreuzzug 1147 als eigene Grablege bestimmt hatte.


Nachtrag 04. September 2015:

Von diesem Zeitpunkt an verliert sich Welfs Spur; in den Akten wird er verlässlich erst wieder im Jahr 1172 auftauchen. Man darf davon ausgehen, das Welf von Friedrich Barbarossa und/oder Papst Paschalis in der Tat geächtet und außer Landes verwiesen wurde, wobei man ihm u. U. sogar den Mord oder Totschlag am Augsburger Bischof Konrad von Hirscheck unterstellte. Dies geben zwar die Biographen Welfs so nicht wieder; es wird aber derart deutlich im libellus behauptet, einem bislang wenig beachteten bzw. unterschätzten Dokument eines Regensburger Schottenmönchs über die Gründung des Schottenklosters Memmingen, so dass unter Berücksichtigung weiterer Indizien kaum ein anderer Schluß bleibt. Wegen der etwas komplizierten Materie haben wir inzwischen zu diesem wichtigen Punkt in Welfs Biographie eine eigene Arbeit verfasst, die online erhältlich ist und alle wichtigen Indizien und Quellenangaben enthält.
[Link]


Zurück aus mehrjähriger Verbannung, gab Herzog Welf, da er sich keinen weiteren männlichen Erben mehr erhoffen konnte, seine vorherigen politischen Ambitionen auf, zog sich ins Privatleben zurück und gab sein Vermögen aus. Seine Tochter Elisabeth, die mit Graf Rudolf von Pfullendorf verheiratet war und vor Rom ebenfalls ihren Sohn verloren hatte, kam als Erbin nicht in Frage. Da Welf alsbald auch von seiner Gattin Uta von Calw getrennt lebte, verlor er fast alle familiären Perspektiven. Sein weiteres Leben bestand in der Folge aus einem eigenartigen Wechsel von frommen Taten und Verhältnissen zu Buhldirnen, von großzügigen Schenkungen, auch an Arme, Aussätzige und Geächtete, von feuchtfröhlichen Gelagen mit seinem Gefolge und rauschenden Festen mit politischen Größen. Vor allem aber kümmerte er sich wie kein anderer im Reich um die Mehrung und Förderung der papsttreuen Klöster und Konvente. Schließlich wurde er im Alter blind, ohne dabei seine Fassung zu verlieren, söhnte sich aber mit seiner zwischenzeitlich verstoßenen Gattin Uta weider aus, wählte in seinen letzten Jahren einen äußerst einfachen Lebensstil und verstarb schließlich hochbetagt, im Alter von 76 Jahren und versöhnt mit Gott und der Welt, im Jahr 1191. Damit hatte er sogar seinen Neffen Friedrich Barbarossa überlebt. Kaiser Heinrich VI., der gerade aus Italien zurückkam, gab dem toten Welfenherzog, dem letzten der bayerisch-schwäbischen Linie, das letzte Geleit nach Steingaden.

Vielleicht sollte man an dieser Stelle erwähnen, dass Herzog Welf nach seiner Wallfahrt es seinem Pilgergefährten Heinrich III. nach tat und wie dieser auch ganz gezielt den Templerorden und die irischen Mönche förderte. Auch dies ist seinen bekannten Lebensbeschreibungen nur zum Teil zu entnehmen. Den Templern übertrug er die beiden Kirchen und die große Kommende von Schongau, sowie einige Gutshöfe auf dem Lechrain und die Burg auf dem Stoffelsberg. Mit den Iren aus St. Jakob in Regensburg gründete er in Memmingen irgendwann zwischen 1178 und 1181 das Schotten-Zweigkloster St. Nikolaus. Dies erfahren wir, wie eben auch Welfs vorangegangenes Exil, allein aus dem libellus von St. Jakob in Regensburg, aus keiner sonstigen Quelle [13]. Auf einem Hoftag in Würzburg habe Welf VI. auch das Weinwunder des Macarius, des Abtes der dortigen Schottenkolonie, miterlebt und einen entsprechenden Entschluss gefasst. Das Memminger Kloster prosperierte nach dem Tode des Herzogs nicht und verfiel im 14. oder 15. Jahrhundert. Heute kennt man nur noch seinen ungefähren Standort am alten Friedhof von Memmingen.

Gegen die massiv betriebene Ausdehnung staufischen Besitzes in Oberschwaben hatte der greise Herzog Welf gegen Ende seines Lebens keine direkten Invektiven mehr unternommen, vielmehr verkaufte er in den Jahren 1174 und 1178 Friedrich Barbarossa sein gesamtes Erbe, welches an sich eher seinem anderen Neffen, Heinrich dem Löwen, zugestanden hätte. Welf blieb jedoch Zeit seines Lebens im Lehensbesitz, so dass sich an seinem Status durch diese Übertragungen wenig änderte. Mit dem Erlös - reichlich Gold und Silber - finanzierte Herzog Welf VI. seine Spenden an die erwähnten Klöster und Orden, wobei man insbesondere die Förderung des supranationalen Templerordens und die Unterstützung anderer papsttreuer Konvente durchaus als antistaufische Politik auf kultureller Ebene ansehen kann. Damit hatte er den Kampf gegen die Reichskirchenpolitik und Landaquisition des Barbarossa doch noch fortgesetzt - auf seine Weise und letztlich finanziert mit Barbarossa-Geld. Inzwischen schreiben wir ihm u. a. auch die Errichtung der Kirche St. Peter in Straubing zu. [Link] Besonders aber bemühte er sich um die Fertigstellung seiner Grabstätte Steingaden, wobei "er die Maurer und Zimmerer höchstpersönlich entlohnte", wie die Fortsetzung der Welfenchronik berichtet. [14].

Was man vorschnell als Zeichen der Schwäche interpretieren könnte, erweist sich bei genauerer Betrachtung als weiser und politisch weitsichtiger Akt des alten Herzogs, ganz konsistent mit seinem pazifistischen und kirchenfreundlichen Politikstil der späten Jahre, der sich von der Ranküne und Kampfbereitschaft seiner Jugend deutlich unterschied. Dabei scheint er intuitiv vorausgesehen zu haben, dass es mit dem Barbarossa böse enden würde. Zwar hatte der Kaiser mit dem Zukauf des Welfenbesitzes den staufischen Territorialgürtel formal noch vermehrt, er kam aber selbst nicht mehr in dessen Genuss, da sich Welf zu Lebzeiten den vollständigen Nießbrauch ausbedungen hatte, und Barbarossa noch vor ihm starb. Und dessen Nachfolger waren bis zum Aussterben der Staufer 1269 politisch so schwach, dass sie nicht mehr viel Schaden im alten Welfenland anrichten konnten!

Pfalzgraf Friedrich von Wittelsbach, der mit Burggraf Heinrich III. nicht nur verschwägert, sondern auch eng befreundet war [15], wird sich im Jahr 1167 Herzog Welfs Kritik an der kaiserlichen Politik angeschlossen haben, als er von den verheerenden Folgen erfuhr. In früheren Zeiten war er oft mit dem Kaiser im Feld gestanden, doch zu einer unbedingten Anhängerschaft wie sein Bruder Otto hatte er sich nie entschließen können. Wie sehr sich die Charaktere der beiden Wittelsbacher in diesem Punkt unterschieden, schildert die Chronik von Scheyern:

"Friedrich bekannte sich zu einem geistlichen Leben, in größter Ruhe und im Überfluss führte er ein gastfreundliches Leben, erwies sich als Vater der Klöster und Armen, sein Bruder Otto aber, der auch der jüngere Pfalzgraf von Wittelsbach genannt wurde, war von äußerster Manneskraft und Tapferkeit und stand deshalb in der Huld und Zuneigung des Kaisers…" [16]

Auch Pfalzgraf Friedrich zog sich nach den geschilderten Ereignissen aus der aktiven Politik zurück und beschränkte sich auf die Schutzvogtei für das Kloster Ensdorf, in dem seine Eltern begraben lagen. Während sein Bruder Otto von Wittelsbach 1180 wegen seiner Verdienste für den Kaiser mit dem Herzogstitel von Bayern entlohnt wurde [17] und damit eine 738 Jahre währende Herrschaft der Wittelsbacher in Bayern begründete, mied Friedrich öffentliche Auftritte und trat nach dem Tod seiner Gattin und einer zweiten Pilgerschaft nach Jerusalem 1172, bei der er Herzog Heinrich den Löwen begleitete [18], zu Ostern 1173 als Laienmönch in das Kloster Indersdorf ein, wo er verstarb. An der Stärkung der Hausmacht seines Bruders war er zuvor nicht interessiert gewesen. In seinem Testament von 1170 [19], in dem er seine Schenkungen an diverse Klöster abwickelte, demonstrierte er vielmehr seine Affinität zur Heimat der Mutter und zur Grafschaft seines Pilgergefährten Heinrich. So finden sich hier als Beschenkte die Schottenklöster Weih St. Peter und St. Jakob, St. Emmeram und das Niedermünster in Regensburg. In ihm finden sich fast ausschließlich Salleute aus weit vom Wittelsbacher Kernland entfernten Regionen, vor allem aus den alten Domänen des Kelsgau und der Gegend von Regensburg, darunter auch Eberhard von der Pabonenburg Randeck, Otto IV., ein Neffe Burggraf Heinrichs III., und die Heinrich III. nahestehenden Rupert Wolf von Gögglbach, Adalbert Wolf von Bruckberg, Burkhart von Stein, Walter von Abensberg und Heinrich von Empfenbach (siehe auch oben). Über diese Eigentümlichkeit hatten sich die Chronisten der Wittelsbacher gewundert, ohne eine rechte Erklärung hierüber abgeben zu können [20]. Friedrichs Konversion - in Abwendung von seinem Bruder und dessen Familie, hin zu den frommen Pabonen und zu Herzog Welf - mag als hinreichender Beweggrund herhalten. Sie war auf jeden Fall ein Nachhall jenes Jahres 1167, in dem die Strafe Gottes Kaiser und Heer in Italien getroffen hatte.

Und Burggraf Heinrich III. von Regensburg?

Seit jenem Sommer 1167 begann auch sein Stern zu sinken...

Burggraf Heinrich III. als Pilger, Altarbild aus der Heinrichskapelle in Ebrantshausen.
Es gelang ihm zwar vermutlich nach seiner Rückkehr nach Bayern noch, mit Hilfe seinen Bruders die Tempelherren in Altmühlmünster und Thannbrunn, vielleicht sogar noch in Moosbrunn anzusiedeln, doch blieb dies seine letzte gesicherte Großtat. Danach wurde es auffallend still um ihn, und es ist anzunehmen, dass er spätestens zu diesem Zeitpunkt vom Kaiser wie Herzog Welf mit Bann und Entmachtung bestraft wurde [21]!

Doch selbst wenn dem nicht so wäre, d. h. wenn ihn der Gunstentzug des Kaisers nicht getroffen hätte - Burggraf Heinrich III. hatte in seiner hohen Religiosität genügend Gründe, auch aus freien Stücken sein Leben nach und nach umzugestalten.

Seine schlimmsten Befürchtungen waren bestätigt. Die kaiserliche Kirchenpolitik, von der er seit langem nichts hielt, war auf der ganzen Linie gescheitert. Um der vermeintlichen "Ehre des Reiches" willen hatte der Kaiser Rom und selbst die Peterskirche angegriffen, ohne gewahr zu werden, dass er damit nicht nur für sein irdisches Reich nichts Entscheidendes bewirkte, sondern letztlich des noch viel größeren Reiches im Himmel verlustig ging.

Der Brand von St. Emmeram war in der Tat ein ungünstiges Vorzeichen gewesen für den ruchlosen Angriff auf St. Peter in Rom und das nachfolgende Sterben eines ganzen Heeres!

Während er, Burggraf Heinrich, durch den Brand in Regensburg seine Residenz oder wenigstens Teile davon verloren hatte, sahen sich die Deutschen durch den Brand von Rom ihrer politischen Exponenten beraubt und auf dem Boden ihres internationalen Ansehens angelangt, zumal der Kaiser unter beschämenden Umständen hatte Italien verlassen müssen. Die jahrelangen Verheerungen Italiens hatten Öl gegossen in die Hassgefühle der dortigen Einwohner gegen das Reich nördlich der Alpen. Durch die gestörten Fernhandelsbeziehungen würde auch nun auch Heinrichs Heimat- und Residenzstadt Regensburg leiden, die damit nach schlimmen Stadtbränden einen weiteren Rückschlag erlitt. Das Herzogtum Bayern selbst war zerrissen in der Frage des Schismas, und die Risse gingen quer durch die Familien. Schon einmal hatten sich die Söhne Heinrichs ihrem Vater entgegengesetzt. Und der Kaiser setzte seine unversöhnliche Politik ungeniert fort. Er zielte auf die Besitzungen und Rechte des Burggrafen und würde jede Gelegenheit nutzen, ihm und seinem Amt zu schaden...

Es scheint so, als ob Burggraf Heinrich nach den Ereignissen des Jahres 1167 sein Interesse an der aktiven Politik weitgehend verloren hätte. Vielleicht begleitete er Herzog Welf noch eine Zeit lang bei seiner Bußwallfahrt nach Übersee (erneut Palästina?). Friedrich Barbarossa sorgte inzwischen gezielt dafür, dass das Burggrafenamt als Relikt einer vergangenen Zeit bei der zunehmend selbstbewussten und renitenten Bürger- und Kaufleuteschaft Regensburgs nicht mehr viel galt.

So ist es nicht einmal sicher, ja sogar relativ unwahrscheinlich, dass Burggraf Heinrich überhaupt noch in die Metropole an der Donau zurückkehrte... [22]

Was bringt uns zu dieser neuen Interpretation?

Schon am 9. Oktober 1167, als Friedrich I. Barbarossa nach dem Tod Bischof Eberhards dem Domkapitel von Regensburg die Wahl Konrads von Raitenbuch zum neuen Bischof bestätigte, bekräftigte er, dass er nun über zwei Pfalzen verfüge, also neben der Pfalz am Alten Kornmarkt auch über die Burggrafenpfalz!

In diesen Tagen, als der alte Bischof von Regensburg und sein Vogt gefallen und Burggraf Heinrich III. erst außer Landes gewesen und dann entmachtet worden war, muss es in Regensburg darunter und darüber gegangen sein, und es kam angesichts des Machtvakuums eventuell sogar zu einem Aufruhr in der Regensburger Bürgerschaft. Wie sonst hätte der Kaiser die Domkanoniker auffordern können, "in dieser Drangsal… das Verstreute zu sammeln, das Verlorene wieder einzusammeln, das Entglittene wieder aufzuheben, das Verunstaltete in einen besseren Stand zu versetzen?" So erlaubte er dem neuen Bischof, "sich frei bei unseren Pfalzen [man beachte die Mehrzahl!], allen Einkünften, Ehrentiteln und Würden, sowohl bei den Burgen, als auch bei den Höfen einzuschalten, nach Gutdünken zu entscheiden, nach Gesetz vorzugehen und Entwendetes wiederzuholen..." [23].

Kein Zweifel: Es stand damals u. a. gerade die Burggrafenpfalz bei St. Emmeram zur Disposition! Das war neu und unerhört!

In den kommenden Jahren von 1168 bis 1174 weisen die Diplome Kaiser Friedrichs I. Barbarossa keinen Burggrafen von Regensburg mehr auf, und dies, obwohl der Kaiser wiederholt Reichstage in Regensburg abhielt. Erst 1174 sind die Söhne Heinrichs III., Friedrich und Heinrich IV., in zwei gleichzeitig ausgestellten Urkunden unter den Grafen als "castellani" wieder erwähnt, aber nicht unter dem Titel "burggravii" oder gar "praefecti" [24], und erst im Jahr 1179, d. h. 12 Jahre nach den geschilderten Ereignissen, erscheinen die Söhne Heinrichs erstmalig wieder als burggravii Ratisponenses auf einem Hoftag in Eger [25]. Spätestens zu diesem Zeitpunkt scheinen sie nicht nur den Titel, sondern auch inhaltlich das Burggrafenamt als Reichslehen wiedererlangt zu haben; warum, unter welchen Umständen und mit welchen Konsequenzen, wird weiter unten noch ausgeführt werden.

Dieselbe weitgehende Abwesenheit Burggraf Heinrichs III. aus der Politik spiegeln auch die Urkunden Heinrichs des Löwen wider. Zwar wirkte der Herzog Zeit seines Lebens mehr in Nord- als in Süddeutschland und hinterließ deshalb bei seinen Exkursionen ins Herzogtum Bayern nur relativ wenige Urkunden. Diese weisen Burggraf Heinrich III. in den Jahren 1166 bis 1174 nur noch einmal aus, und nunmehr weit entfernt von Regensburg. Bei einem Landtag des Herzogs am 29. Januar 1171 in Moosburg soll er noch einmal erschienen sein, sogar in Begleitung seines Bruders Otto und seines Sohnes Friedrich, jedoch tritt er bei dieser Gelegenheit nicht aktiv in Erscheinung - und dies, obwohl es um eine Sache ging, die seine nahe Verwandtschaft betraf und die zuvor sogar in St. Emmeram verhandelt worden war [26]. Weder bei dieser Gelegenheit, noch auf den weiteren Herzogsurkunden, die in Regensburg oder dessen unmittelbarer Umgebung ausgestellt wurden, findet man fürderhin seinen Namen.

Wenig später muss Heinrich III. sein Amt ganz abgegeben haben. Denn im Jahr 1174 trifft man in den Herzogsurkunden nur noch auf einen Sohn "junior burggravius Heinricus", d. h. auf Burggraf Heinrichs Sohn aus erster Ehe, Heinrich IV. [27].

Für die weitgehende Abwesenheit Burggraf Heinrichs III. in Regensburg sprechen auch folgende Umstände:

Die in neuerer Zeit edierten Urkundensammlungen der Klöster St. Georg in Prüfening, St. Paul und St. Johann in Regensburg weisen nach 1167 überhaupt keine Unterschrift des Burggrafen auf [28]. Dasselbe gilt für die Urkunden des Regensburger Domes, in denen nach 1167 nicht nur der Burggraf, sondern auch die zuvor in den Urkunden reichlich anzutreffenden Ministerialen und Verwandten der Pabonen auffallend minderrepräsentiert sind.

Lediglich M. Mayer nennt in seinen Regesten über die Burggrafen einige Urkunden aus den Jahren zwischen 1167 und 1177, die Burggraf Heinrich III. betreffen sollen [29]. Dabei scheidet eine Urkunde von vornherein als Beweismittel aus, da sie undatiert ist [30].

Eine weitere, Nr. 136 nach M. Mayer, datiert in das Jahr 1176 und erwähnt einen Heinrich als Burggrafen von Regensburg, dabei nur indirekt, nicht als Zeugen und ohne Zeitangabe; sie bezieht sich wohl bereits auf Heinrichs Sohn Heinrich IV. und auf die ganz letzte Phase der Burggrafschaft Regensburg.

So verbleiben zwei Urkunden aus dem Buch der Traditionen von St. Emmeram, die als Nr. 134 und 135 bei M. Mayer erwähnt sind, und eine weitere im selben Zusammenhang, die dieser vergessen hatte. Diese setzen Heinrich als "praefectus" und als "advocatus" von St. Emmeram gleich, was sich nur auf Burggraf Heinrich III., jedoch nicht auf seinen Sohn beziehen kann. Sämtliche Urkunden liegen nicht im Original, sondern nur als Transkripte vor.

Urkunde Nr. 134, die den Sachverhalt jener Urkunde von 1183, wo Burggraf Heinrich IV. in der Apsis von St. Ägidius zu Gericht gesessen haben soll [31], betrifft, nämlich den Kauf eines Gutes in Gattersberg bei Bad Abbach, ist nicht datiert, erwähnt den "Heinricus prefectus" nur in der Retrospektive und gibt als Beginn seiner Schutzvogtei für Sankt Emmeram das Jahr 1171 aus, was sicher nicht stimmen kann [32]. Da sie im Vergleich zur Urkunde von 1183 noch weitere Abweichungen aufweist [33], handelt es sich höchstwahrscheinlich um ein Spurium, zumal auch der ganze Sachverhalt der Beurkundung suspekt ist. Denn trotz eines angeblich korrekten Kaufes des Gutes Gattersberg waren später an die legitimen Erben Entschädigungszahlungen von Seiten St. Emmerams fällig [34]. Auch die Tatsache einer ellenlangen Zeugenliste - an erster Stelle die drei Söhne des Burggrafen gleichzeitig - ist suspekt. Aber selbst wenn diese Urkunde echt sein sollte, so würde die Tatsache, dass Burggraf Heinrich zwar als "delegator", d. h. als Treuhänder des Gutes Gattersberg erwähnt ist, dennoch die Schwester des Besitzers den Besitz 1183 bei dessen Sohn Heinrich IV. erneut einklagen muss, darauf hindeuten, dass Heinrich III. der Treuhänderschaft nicht mehr nachgekommen war, was für seine Abwesenheit in der Region spricht.

In einer zweiten, nunmehr auf das Jahr 1174 datierten Urkunde, Nr. 135 bei M. Mayer, welche von Abt Adalbert ohne Zeugen gegengezeichnet wurde, erscheint tatsächlich in einem Zeitvermerk unter dem Jahr 1174 der Ausdruck "regnante Friderico imperatore sub Chounone et advocato Heinrico prefecto ratisponensi - als Friedrich Kaiser war, unter [Bischof] Kuno und Vogt Heinrich, dem Präfekten von Regensburg". Doch der Präfekt von Regensburg unterschrieb erneut nicht selbst, sondern vielmehr Abt Adalbert, und dieser meinte in einem eigenartigen Einschub, dass die Zensualen, die das Schriftstück betraf, "von keinem Vogt die Unterschrift hätten haben wollen, als vielmehr von dem, der der oberste Vogt der Klosterfamilie von St. Emmeram sei", nämlich vom ihm, dem Abt persönlich [35]. Was konnte dieser etwas klagend formulierte Satz anderes bedeuten, als dass Burggraf Heinrich III. eben nicht für eine Unterschrift zur Verfügung stand, und deshalb der Abt als Vogt einspringen musste? U. E. sollte der eigenartige Aktum-Vermerk, der Burggraf Heinrich III. erwähnt, lediglich ausdrücken, dass der Abt von St. Emmeram, der als Anhänger der Hirsauer Reform dem abwesenden Burggrafen in seiner kirchenpolitischen Haltung sehr nahe stand, ihn trotz seiner faktischen Entmachtung immer noch als Präfekten der Stadt und Vogt von St. Emmeram ansah. Damit wäre ein gewisser Protest gegen die Kaiser-Politik angedeutet, wie sie auch von anderen bayerischen Klöstern her bekannt ist [36].

Als Beweis dessen, dass Burggraf Heinrich bis zum Jahr 1174 in Regensburg vital sein Amt wahrnahm, kann diese Urkunde ebenso wenig herhalten wie die vorherigen. So verbleibt eine letzte, von M. Mayer nicht bemerkte Urkunde Nr. CCXIII, die aus dem Jahr 1169 datiert und wiederum dieselbe Formulierung im Aktum-Vermerk wie die vorhergehende aufweist, Heinrichs III. persönliche Unterschrift jedoch nicht trägt [37].

Eine weitere Urkunde aus Sankt Emmeram fanden wir bei Pezius, im Codex Traditionum Sanct-Emmerammensium. Hier ging es um die Rechtmäßigkeit einer Güterübertragung betreffend die Orte Aiterhofen bei Straubing und Wissing, zwischen Mengkofen und Geiselhöring. [37a] Diese Urkunde aus der Zeit des Abtes Peringer II. (1177-1201) gibt "praesente predicto Abbate" (freilich Peringer) folgende Zeugennamen wieder: Heinrich Jasomirgott als Herzog von Österreich und Klostervogt von St. Emmeram, dann "Heinricus urbis praefectus", d. h. Burggraf Heinrich von Regensburg, anschließend Graf Heinrich von Altendorf u. v. a. m. Wir halten auch diese Traditionsmotiz für ein Falsifikat, denn Herzog Heinrich Jasomirgott verstarb bereits am 13. Januar 1177, wohingegen Abt Peringer II. erst einige Wochen nach dem Hinscheiden seines Vorgängers Adalbert I. am 23. Juni desselben Jahres ins Amt kam. Ungeachtet dessen könnte es sich durchaus um die Erwähnung von Burggraf Heinrichs III. Sohn, Heinrichs IV., gehandelt haben.

Hier gilt also letztlich dasselbe wie bei den zuvor besprochenen Urkunden. Wir glauben nicht an eine persönliche Präsenz des Burggrafen in Regensburg zur betreffenden Zeit.

Es gibt also nur 5 Quellen, die den Namen des Burggrafen nach 1167 erwähnen - gegenüber 53 Quellen vor dieser Zeit! -, und keine von ihnen belegt die Präsenz des Burggrafen in Regensburg! Allein diese Diskrepanz, die ja ähnlich und zeitlich bis 1172 begrenzt auch bei Herzog Welf nachweisbar ist, verweist auf einen gravierenden Lebenseinschnitt bzw. Bedeutungsverlust des Grafen!

Wir vermuten, dass Burggraf Heinrich in den Jahren nach 1167 nicht mehr in Regensburg die Statthalterschaft wahrnahm, zumal seine Residenz bei St. Emmeram jahrelang in Schutt und Asche lag. Darüber, wo er sich bis 1171 aufhielt, können wir indes nur spekulieren: vielleicht auf seiner Stammburg Riedenburg und in der Nähe seiner Templer-Gründungen, vielleicht auch auf den Sitzen seiner zahlreichen Verwandten.

Jenes Jahr 1171, in dem Burggraf Heinrich III. bei einem Landtag Herzog Heinrichs des Löwen in Moosburg noch in offizieller Funktion zugegen war, markiert einen weiteren Wendepunkt in seinem Leben. Danach müssen sich Dinge im Leben des bereits alternden Burggrafen ereignet haben, über die wir nichts Genaues wissen, die ihn aber zu einer radikalen Änderung seines Lebenstils veranlasst haben.

Zu Pfingsten 1175, als der Herzog Welf VI. neben zahlreichen adeligen Ministerialen auch einige politische Größen des Herzogtums Bayern zu einem großen Festbankett auf seine Burg am Gunzenlech bei Augsburg eingeladen hatte, war Burggraf Heinrich schon nicht mehr dabei...

Ein frommer Einsiedler

Zum Wilden Mann. Ausschnitt aus den Apian'schen Landtafeln von 1568.
Ca. 15 Jahre später, gegen 1185, verstarb in der Gemarkung Ebrantshausen in der südlichen Hallertau, einige Kilometer westlich vom heutigen Mainburg, ein frommer Greis namens Heinrich. Er hatte zuvor zurückgezogen in einer Hütte in einem großen Waldbezirk zwischen der Burg Rotteneck und dem Dorf Ebrantshausen mit dem wenig einladenden Namen "Wilder Mann" gelebt, sich bedarfsweise bei den Bauern von Ebrantshausen als Hirte verdingt und in all den Jahren, in denen er dort lebte, kein Wort gesprochen. Wenn er sich verständlich machen wollte bzw. von den Bewohnern Nahrung brauchte, läutete er mit einem Glöckchen, das er ständig um den Hals trug, worauf er erhielt, was er benötigte.

Man erzählte sich, dass Heinrich einst ein hoher Mann gewesen sei und eine Pilgerfahrt nach Jerusalem unternommen habe. Als er gestorben war, fand man den Toten in seiner Hütte, entfernte von ihm das Glöckchen, mit dem er seine Besuche angekündigt, und einen eisernen Ring, mit dem er seine Lenden kasteit hatte. Erst zu diesem Zeitpunkt gelang es, das Geheimnis seiner Herkunft zu lüften. Es handelte sich um den alten Grafen von Riedenburg aus der Familie der Pabonen!

Man entschloss sich, den toten Greis, der sich zu Lebzeiten wegen seines frommen Lebenswandels in der Umgebung großer Beliebtheit erfreut hatte, in seine Heimat zu überführen und spannte vor seinen Leichenwagen ein Ochsengespann, das ihn transportieren sollte. Doch vor der Kirche in Ebrantshausen machten die Ochsen Halt und weigerten sich, auch nur einen Schritt weiter zu gehen. Deshalb beerdigte man den Leichnam an Ort und Stelle. Nach dieser Zeit ereigneten sich dort viele Zeichen und Wunder. Taube erlangten z. B., wenn man ihnen Heinrichs Glöcklein läutete, wieder ihr Gehör. Alsbald wandten sich die Bauern der Umgebung in Gebeten an den toten Einsiedler, zum Schutz ihrer Saaten vor Witterungseinflüssen und ihres Viehs vor Krankheiten, und sie wurden erhört.

So will es die "Legende des seligen Heinrich von Ebrantshausen" [38].

Als man wegen der vielen Wunderzeichen keinen Zweifel mehr daran hegte, dass man einen von Gott gesegneten, heiligen Mann in Ebrantshausen bestattet hatte, verbreitete sich sein Kult rasch, und man errichtete über seinem Grab bei der Peterskirche von Ebrantshausen eine Kapelle. Nach dem Dreißigjährigen Krieg wurden die Gebeine gehoben, am 25. Mai 1689 von Albert Ernst, Bischof von Laodicea und Weihbischof von Regensburg, geweiht und unter dem Altar in der gotischen Seitenkapelle der Kirche, die noch heute steht, feierlich beigesetzt, zusammen mit Reliquien Kaiser Heinrichs II. und des heiligen Erhard.

Sog. "Heinrichssegen", Holzdruck mit einem historischen Bildstock aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, von Thomas Neuer (1768-1850), München. Der Heinrichssegen wurde nach dem Heinrichsfest von den Bauern zur Abwehr von Tierkrankheiten an die Stalltür gehängt.
In dieser hübschen Kirche, die neben der Sichtreliquie der Hirnschale (siehe Abbildung unten) auch Statuen des Wundermannes enthält, findet noch heute alljährlich am 6. Sonntag nach Ostern, wenige Tage nach Christi Himmelfahrt, das sogenannte "Heinrichsfest" statt, mit dem der "gottselige" Heinrich geehrt wird. Eine offizielle Kanonisierung durch den Papst, die das Epithet "heilig" rechtfertigen würde, ist nie erfolgt, ja nicht einmal die Einleitung eines Seligsprechungsprozesses. Der Verehrung tat dies keinen Abbruch. Zum Heinrichsfest kamen früher zahlreiche Pilger nicht nur aus der Gegend von Mainburg (Lindkirchen, Ober- und Unterempfenbach und Mainburg selbst), sondern auch aus entfernteren Orten des Donauraums. Einem alten Brauch gemäß werden an diesem Wochenende die sogenannten "Heinrichszeltln" gebacken, das sind kleine, mit einem Stempel versehene Taler, die gegen einen Obolus an die Pilger als Heilmittel gegen Krankheiten der Haustiere und Menschen verteilt werden. Außerdem wollen die Wallfahrer das Läuten des Heinrichsglöckchens hören, weil es vor Ertaubung schützen soll, und sie erhalten kleine Bildchen, den sog. "Heinrichssegen", den sie mit nach Hause nehmen. Früher nahmen sie auch Sand oder Erde aus Heinrichs erster Grablege mit - ein Brauch, der erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts zum Erliegen kam [39]. Heute ist von dieser Grabstätte im Schiff der Heinrichskapelle nichts mehr zu finden.

Die Lokalhistoriker vergangener Zeiten haben sich darüber gestritten, um welchen Heinrich aus der Familie der Pabonen es sich handelt [40], die Heiligenlexika geben darüber irrige Auskunft [41] und selbst die Bewohner von Ebrantshausen wissen trotz der Verdienste ihres Heimatforschers J. B. Schmid [42] nicht genau, welchen Mann sie in ihrem kleinen Ort verehren.

Wir selbst hegen jedoch keinen Zweifel daran, dass es sich bei diesem "seligen Heinrich von Ebrantshausen" um Burggraf Heinrich III. von Regensburg handelt, und wir wollen die Gründe für diese Meinung im Folgenden zusammenfassen:

Burggraf Heinrich III. war das einzige Mitglied seiner Familie, bei dem im 12. Jahrhundert eine "peregrinatio", d. h. eine Pilgerschaft nach Jerusalem, bekannt geworden ist, und es ist gut denkbar, dass er wie Herzog Welf und Pfalzgraf Friedrich von Wittelsbach eine weitere Pilgerfahrt nach Jerusalem unternahm, von der er nach einem einschneidenden Ereignis "verstummt", d. h. bar seiner Stimme, zurückkehrte.

Ganz besonders muss auffallen, dass Burggraf Heinrich III. weder in der Abteikirche von St. Emmeram begraben liegt, noch dort wie seine Vorgänger im Amt mit einem Epi- oder Kenotaph geehrt wurde, was aufgrund seiner Bedeutung zu erwarten gewesen wäre, wenn er in Regensburg sein Leben beendet hätte. Auch ist kein anderer Begräbnisort bei ihm bekannt geworden, die Familiengrablege in Walderbach hat ebenso wenig seine Gebeine gesehen wie St. Emmeram.

Glücklicherweise besitzen wir ein Dokument, die sog. Fundatio monasterii in Walderbach [43], welche den Zusammenhang zwischen Burggraf Heinrich III. und den seligen Heinrich von Ebrantshausen expressis verbis herstellt. Es handelt sich um ein Schriftstück aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts, von einem Mönch der Zisterze Walderbach verfasst, der noch vom Hörensagen her seine Informationen hatte. Dass der Sachverhalt mit Heinrich III. nicht eher auffiel, liegt an einer Fehlinterpretation des Schreibers. Wir folgen zunächst in der Übersetzung der Edition von M. Mayer:

"Der zweite [gemeint ist in Wirklichkeit der dritte; siehe Fußnote] Burggraf Heinrich von Riedenburg aber, von welchem Ort und von Regenstauf dieser Kirche [sc. das Kloster Walderbach] der Zehnte an Getreide und anderer Einkünfte geschuldet und alljährlich verabreicht wird, ließ all seinen Reichtum, den er im Überfluss besaß, und alle Menschen [44], die ihn gekannt hatten, hinter sich, … er ertrug die Unannehmlichkeiten einer längeren Verbannung [sic!] über 40 Jahre im Pilgergewand, und kam schließlich nach Ebrantshausen, ein Dorf bei Geisenfeld. Dort wurde er gesehen und erkannt und er ruht dort im Herrn, wo ihn die Menschen und Bauern dieser Ortschaft bestatteten. Es ist überliefert, dass über seinem Grab eine Kapelle errichtet wurde, wohin von weit und breit die Menschen in großen Mengen zusammenströmen, und dass eine Menge Wunder geschehen, beim Gedenken an diesen Mann und an den Ruhm unseres Herrn Jesus Christus, der gebenedeit ist von Ewigkeit zu Ewigkeit, Amen." [45]

Nach unseren Recherchen besteht kein Zweifel, dass der Mönch von Walderbach, obwohl seine genealogischen Angaben nicht immer verlässlich sind, und die angegebene Dauer der Pilgerschaft biblisch überhöht ist, im entscheidenden Sachverhalt korrekt berichtete!

Und noch ein Indiz zu guter Letzt: Zu den Gefährten Heinrichs in Jerusalem gehörte laut der oben zitierten Templerurkunde neben anderen Edelleuten aus den niederbayerischen Stammlanden ein Ministeriale namens Heinricus de Emphembach. Der Sitz Empfenbach - heute Unter-/Oberempfenbach - liegt vom Wald, in dem sich der selige Heinrich von Ebrantshausen verbarg, nur ca. 2,5 Kilometer entfernt, in gleicher Distanz wie Ebrantshausen. Heinrich von Empfenbach und seine Familie könnten demnach den unmittelbaren Schutz Heinrichs übernommen haben.

Die Tradition des seligen Heinrich von Ebrantshausen

Verweilen wir noch ein wenig bei der mündlichen Tradition des seligen Heinrich von Ebrantshausen.

Legenden und Wundergeschichten erfreuten sich im Mittelalter einer weiten Verbreitung und hohen Beliebtheit. Als Objekte naiver Volksgläubigkeit fielen sie bei ihren Rezipienten auf fruchtbaren Boden, waren sie doch imstande, ihre Neugier, Sehnsüchte und Heilserwartungen zu befriedigen. Es ist inzwischen wissenschaftlich anerkannt, das in derartigen Berichten zur Untermauerung der Zuverlässigkeit äußerst präzise topographische und chronologische Details und auch versteckte Hinweise auf zeitgeschichtliche Begebenheiten eingestreut sind. Dieser Umstand erhebt die Mirakelgeschichten des Mittelalters zu historischen Quellen ersten Ranges, denn wie in keiner anderen Quellensparte wird in ihnen auch der Alltag der Menschen zum verwertbaren Dokument.

Ebrantshausen ist ein typisches Hallertau-Dorf. Seine Kirche mit ihrem hohen gotischen Treppengiebelturm ist der Überbau über eine Profangeschoßkirche des 12. Jahrhunderts.
In die Legenden um den seligen Heinrich von Ebrantshausen sind zahlreiche Motive anderer Heiligengeschichten verwoben [46], in erster Linie der Eheverzicht des heiligen Alexius [47], aber auch die Pilgerschaft und Klausur des heiligen Wendelin, der Stab und das Glöckchen des heiligen Eremiten Antonius, das Gespannwunder der bayerischen Heiligen Englmar, Emmeram, Stilla, Gunthildis, Notburga und Radegundis, der Seligen Edigna von Puch und Hermann von Oberkreuzberg, oder auch die klar biblische Symbolik der Pilgerschaft von 40 Jahren [48].

Hieraus ergeben sich - das sei ausdrücklich betont - keine biographisch verwertbaren Informationen, wenn man von dem Fünkchen Wahrheit absieht, welches in der reichlich widersprüchlichen und unwahrscheinlichen Legende einer verweigerten, dann dritten Eheschließung enthalten sein könnte [49]. Burggraf Heinrich III. hatte zu den Zeitpunkt, als er sich in den Wald bei Ebrantshausen zurückzog, wahrscheinlich schon seine zweite Frau verloren und wäre üblicherweise gezwungen gewesen, sich ein drittes Mal zu verheiraten, wenn er nicht vorzeitig in ein Kloster eintreten wollte.

Achten wir aber auf andere Details, die die Tradition von Ebrantshausen relativ spezifisch wiedergibt: Der Leichnam des seligen Heinrich sei, als er zurück nach Regensburg transportiert werden sollte, nur deshalb in Ebrantshausen begraben worden, weil sich das Ochsengespann geweigert hatte, den Toten zu seiner Familie und ihrer Grabstätte zu transportieren.

Zielort könnte nur Regensburg und St. Emmeram gewesen sein, wo die Burggrafen zur letzten Ruhe gebettet wurden, weniger Riedenburg oder das Kloster Walderbach, in dem die Landgrafen ruhten. Was symbolisierte der Hinweis der Verweigerung der Ochsen anderes als eine versteckte Kritik an den politischen Verhältnissen in Regensburg? Für die niederbayerischen Bauern war der selige Heinrich jedenfalls einer von ihnen und keiner von denen dort oben! Man erkennt daran und aus der Tatsache, dass schon unmittelbar nach seinem Tod eine große Verehrung vor Ort einsetzte, dass sich Burggraf Heinrich III. - vermutlich ebenso wie sein Vater Otto I. - großer Anerkennung und Wertschätzung im Volk erfreute, ja von diesem verehrt wurde, mithin zuvor mit Milde und Verständnis für die ländlichen Belange regiert haben muss, und das, obwohl er Präfekt einer großen Stadt gewesen war.

Dabei können wir nicht sicher sein, dass sich Heinrich mit seinem Entschluss, einsam und in Armut zu leben, in die Tradition der großen Armuts- und Eremitenbewegung seiner Zeit stellte, zu der ihm schon die irischen Mönche von Regensburg als Vorbild gedient haben könnten, die ca. ein halbes Jahrhundert zuvor auch in Frankreich ihren Höhepunkt erreicht hatte und im folgenden Jahrhundert selbst in Italien zur Blüte kam [50]. Auch folgte Burggraf Heinrich III. in seinem neuen Leben nicht zwangsläufig der Tradition der eigenen Familie, deren Spross der ersten Generation sich bei Schwandorf in der Oberpfalz eine Einsiedelei errichtet hatte. Es handelt sich um den "seligen Loybrigus", der im 11. Jahrhundert bei der Sebastianskapelle zwischen Schwandorf und Klardorf in einer Klause lebte und bis in die Neuzeit als Lokalheiliger verehrt wurde [51]. Denn zu derartigen Figuren besteht beim seligen Heinrich von Ebrantshausen ein kleiner, aber signifikanter Unterschied. Heinrich von Ebrantshausen stilisierte sich, selbst wenn er die milden Gaben der Bevölkerung entgegennahm, weder zu Lebzeiten zu einem Heiligen hoch, noch betätigte er sich ausschließlich als Eremit, Almosner oder Klausner an einer Kapelle. Vielmehr lebte er bescheiden in einer Waldhütte und verdiente sich seinen Lebensunterhalt durch körperliche Arbeit, indem er als Tagelöhner für die Bauern der Umgebung das Vieh hütete, soweit ihm dies sein Alter noch erlaubte. Lediglich die Insignien der Pilgerschaft, Stab und Sammelbeutel, sowie einen Bußreifen, sein Glöckchen und sein "Schweigen" soll er getragen haben. Dieser feine Unterschied ist uns wert, erwähnt zu werden.

Die Verehrung seiner Person setzte erst dann ein, als sich nach seinem Tod das Inkognito gelüftet hatte - "durch ein Zeichen", wie die Legende meint. Zu Lebzeiten wollte er aber einer von denen sein, für die letztendlich auch schon zuvor sein Einsatz als Burggraf gegolten hatte, ein Mann des Volkes.
Barockes Büstenreliquiar des seligen Heinrich in der Kirche von Ebrantshausen. Hinter dem Sichtfenster ein Teil der Schädelkalotte des Verehrten, über dem rechten Arm der Bußreifen, den er getragen haben soll.
Indem sich Heinrich III. von Regensburg der religiösen Erneuerung seiner Zeit, von deren Notwendigkeit er sich besonders im Rahmen seiner dokumentierten Auslandsaufenthalte hatte überzeugen können, und einer intensiven Sehnsucht nach Buße und Reue durchdringen ließ, andererseits dem vielerorts verweltlichten Klosterbetrieb und der für die Reichsidee absorbierten Amtskirche misstraute, gab er seine christliche Demut und Volksverbundenheit am besten dadurch Ausdruck, dass er für den Rest seines Lebens als Niedrigster seines Volkes unter diesem Volk in seiner geliebten bayerischen Heimat lebte und arbeitete.

In seiner persönlichen "Stummheit" gab er eine laut schallende Antwort auf das Hauptproblem seiner Zeit, das verhängnisvolle Schisma in Rom - ein Dilemma, dem er als mächtiger Burggraf nichts hatte adäquat entgegensetzen können. Vom Kaiser, der ihm inzwischen wie der Antichrist erschienen sein mag, war er verachtet, entmachtet, vielleicht am Ende sogar verbannt worden - die Formulierung des Chronisten von Walderbach ist hier relativ eindeutig -, er selbst aber hatte die äußere und innere Emigration zugleich gewählt, weniger aus seinem Land, das er wohl liebte, als aus seinem Amt als Burggraf von Regensburg. Ob zusätzliche tragische Ereignisse bzw. Erlebnisse persönlicher Art, wie z. B. eine verschmähte oder zerrüttete Ehe [52], Krankheit o. ä. seinen Entschluss bahnten, wissen wir nicht. Jedenfalls erfüllte er durch seinen Lebenswandel posthum alle Anforderungen, die das Volk im Herzogtum Bayern an einen Lokalheiligen stellte; dementsprechend wurde er anerkannt und verehrt.

In Ebrantshausen hat sich eine vitale Verehrung des seligen Heinrich bis zum heutigen Tag erhalten. Die Wahl dieses Aufenthaltsortes durch Heinrich III. war nicht von ungefähr gekommen. Heinrich war hier nahe genug an seinem vormaligen Residenzort, aber weit genug davon entfernt, um nicht erkannt und verraten zu werden. Neben den Empfenbachern, die noch heute zum Grabe Heinrichs pilgern, könnten es auch die Ebrane von Ebrantshausen gwesen sein, die ihn verstecken halfen [53] - oder auch die Gasseltshausener Ministerialen, deren eindrucksvolle Obergeschoßkirche in ca. 1 km von Ebrantshausen entfernt liegt und selbst heute noch das Pabonenemblem in Form von Zierziegeln mit den Pabonenrosen zeigt.

In dieser Gegend an den Flüsschen Paar, Ilm und Abens, an der Grenze zur Diözese Freising, hatte einst auch Heinrichs Familie ihren Ursprung genommen und sein Urahn, Graf Pabo von Kühbach, durch Einheirat in Grafenfamilie von Sempt-Ebersberg den Grundstock zum Aufstieg seiner Dynastie gelegt. In unmittelbarer Nähe zur Gemarkung "Wilder Mann", in der Heinrich als Pilger gelebt hatte, befand sich Burg Rotteneck, auf der ein Zweig der Abensberger Pabonen und damit seine nahen Verwandten residierten; auch sie werden ihn im Bedarfsfall unterstützt und vor allem seinen militärischen Schutz besorgt haben. Ganz in der Nähe lag auch die Kirche von Geisenfeld, welche seit dem 9. Jahrhundert in der Tradition von St. Emmeram stand [54], nach 1030 von den Ebersbergern Verwandten zum Damenstift erweitert worden war, seit 1130 allerdings als Vogt einen Wittelsbacher hatte [55]. Im Übrigen war Heinrich III. in Ebrantshausen geradezu umringt von den Besitzungen seines alten Hausklosters. Etliche Hofstellen und Dörfer der Gegend gehörten St. Emmeram, und die Teilvogtei über diesem Besitz hatten wiederum seine Abensberger Verwandten inne [56].

Gedeckt durch diesen breiten Schutzschild, drohte Heinrich III. in seinem Versteck keine wesentliche Gefahr.

Die bekannten Profangeschoßkirchen der Hallertau (rote Kreuze) mit Ebrantshausen in der Mitte (blaues Kreuz).
Was uns bei dieser Recherche jedoch besonders überrascht und fasziniert hat, ist die Tatsache, dass sich um Heinrichs Lebens- und Sterbeort herum ein ganzer Ring von Landkirchen findet, welche ein profanes Obergeschoß aufweisen oder einst aufgewiesen haben. Es handelt sich im Einzelnen um die Kirchengebäude von Gasseltshausen, Obermantelkirchen, Ainau, Haunsbach, Neukirchen, Hebrontshausen, Rannertshofen, Piedendorf, Gundelshausen, Ottersried, Grosseisenbach, Mühlhausen, Thonhausen, Geibenstetten, Sandharlanden, Ilmendorf, Raitbach, Hiendorf und Weißendorf. Und gerade eines der schönsten Exemplare dieser Kirchen, die hohe Turmkirche von Gasseltshausen, liegt fast in Sichtweite des Begräbnisortes! Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ist auch der romanische Teil der Peterskirche von Ebrantshausen selbst, dessen erhöhte Südwand bauliche Analogien zu den Backsteinkirchen in Piedendorf, Raitbach und Großeisenbach aufweist, mit einem Profangeschoß versehen gewesen, zumal die Kirche im Dreißigjährigen Krieg "von oberhalb des Kirchengewölbes, nach Einzug einer Leiter" erfolgreich verteidigt wurde und seit dem 12. Jahrhundert zur Pfarrei Lindkirchen gehörte, wo wiederum Heinrichs Pilgerfreund der Jahre 1166/1167, Pfalzgraf Friedrich von Wittelsbach, eine Gerichtsstätte unterhielt. Die Gerichtstätigkeit des Pfalzgrafen ist übrigens gerade für die Zeit nach seiner ersten Pilgerfahrt bezeugt (um 1168) [57].

Ob Heinrich schon zu Lebzeiten in der Gegend enttarnt wurde, muss offen bleiben; die Legende meint, es sei erst ganz am Ende gewesen. Vor Ort gab es sicher viele, die ihn kannten, verraten wurde er ganz offensichtlich nicht. Unklar bleibt auch, ob seine leiblichen Kinder von seinem neuen Büßerleben in der Hallertau erfuhren.

Was die Menschen anbelangt, die noch im 20. Jahrhundert zu Heinrichs Grab pilgerten, so kamen sie z. T. von weiter her, allerdings fast ausnahmslos aus Ortschaften, die etwa auf der halben Strecke zwischen Ebrantshausen und Heinrichs Stammsitz in Riedenburg liegen, in der Donauniederung, wie z. B. Mühlhausen, Mauern und Irnsing [58]. So ist anzunehmen, dass des seligen Heinrichs Geschichte in späteren Zeiten sich vor allem in Richtung der Ortschaft im Altmühltal verbreitete, die sein Stammschloss Rosenburg überragte und die ihm heute alljährlich wieder ein weltliches Mittelalterfest widmet. Ob Heinrichs eigentliches Schicksal in Riedenburg inzwischen breiter bekannt ist, entzieht sich unserer Kenntnis.

Der fromme Burggraf Heinrich verstarb als Hirte von Ebrantshausen kurz nach der Jahreswende, am 4. Januar [59] eines unbekannten Jahres, der mündlichen Tradition nach 1185. Sein Fest wird seit Erhebung der sterblichen Überreste im Jahr 1689 am sechsten Sonntag nach Ostern, um den 15. Mai herum, gefeiert, mit einer feierlichen Prozession und einem Hochamt [60].

Das Reichsstift St. Emmeram und die Zisterze Walderbach - das wollen wir am Ende wiederholen - haben die Gebeine Heinrichs III. nie gesehen.

 


[01] Herzog Heinrich der Löwe wurde nach Acht und Aberacht bei einem Hoftag in Erfurt im November 1181 vom Kaiser dazu verurteilt, im Folgejahr eine Wallfahrt nach Santiago de Compostela zu machen und danach in ein dreijähriges Exil zu gehen. Siehe zu diesen Vorgängen auch F. Opll: Friedrich Barbarossa, 3. Aufl. Darmstadt 1998, S. 133.

[02] Siehe MGH SS, Bd. 21, S. 470. Und: MGH SS, Bd. 20, S. 492.

[03] Zu dieser Einschätzung kam auch der Übersetzer der Welfenchronik, E. König. Siehe E. König: Historia Welforum, Stuttgart, Berlin 1938, S. 132f.

[04] Die Hintergründe des Kontakts mit dem Templerorden werden in einer unserer anderen Arbeiten ausführlicher vorgestellt. Siehe W. Robl: "Der Kreuzfahrerstein beim Kloster Grab am Schlüpfelberg, Symbol der Allianz zwischen Templer-Orden und Pabonen im Herzogtum Bayern um 1170, Berching 2014": http://www.robl.de/grab/grab.pdf. Die zum Fundus des Klosters Waldsassen gehörige Urkunde liegt heute im Staatsarchiv Amberg und kann im Internet eingesehen werden. Siehe D. Weiß: Artikel "Templer", in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/artikel/artikel_45597. Auch H. Grauert: Eine Tempelherren-Urkunde von 1167, in: Archivalische Zeitschrift 3 (1878), 294-309. Die Urkunde weist den 27. April 1168 aus (wobei unerheblich ist, ob bei der Datierung der sog. "Osterstil" zur Anwendung kam, da nach diesem das neue Jahr am Ostersonntag, den 9.4., bereits begonnen hatte). Wir gehen jedoch vom Jahr 1167 als dem richtigen aus, da dieses dem 4. Regierungsjahr Amalrichs I. entsprach, und der Mitunterzeichner Herzog Welf im Sommer 1167 bereits wieder in Italien nachweisbar ist. M. Mayer hatte sich bezüglich der Datierung der Urkunde und der Zuschreibung zum Johanniterorden wohl geirrt.

[05] Wir zitieren, da die deutschen Ausgaben davon abweichen, den lateinische Originaltext Aventins in seinen feinen Details. "Heinricus atque Otto fratres, Reitenburgenses reguli, Tissiam atque Alemanni monasterium equitibus sacris, quos a templo palaestino cognominant, dedicavere, quod hisce excisis, Rhodiis, quos Joannitas nuncupant, traditur… - Die Brüder Heinrich und Otto, die Grafen von Riedenburg, haben Deising und Altmühlmünster den heiligen Rittern, die man nach dem Tempel in Jerusalem benennt, geschenkt. Das Gut wird nach deren Ausmerzung den Rhodiern, die man auch Johanniter nennt, übergeben…" (Aventinus, Annales, Buch 7, Kap. 1, §7). Es wird Aventinus vielfach ein Gründungsdatum 1155 oder 1158 unterstellt. Beides ist falsch, denn die Gründung erfolgte nach Aventinus 1167 oder kurz danach, was nun in Einklang mit dem Jerusalemer Templerkontakt Burggraf Heinrichs III. steht. Die Jahreszahl ergibt sich, wenn man die Aussagen des Aventinus vor und nach der oben stehenden Passage über Altmühlmünster heranzieht: Die Weihe zugunsten der Tempelherren geschah zeitgleich mit der Grundsteinlegung des neuen Doms von Salzburg, der exakt 1167 abgebrannt war, und kurz nach der Wiederherstellung des Doms von Freising, der wenige Jahre zuvor, am 5. April 1159, durch Brand vernichtet worden war.

[06] Heinrich III. bezeugte 1161 als Schutzvogt von St. Emmeram den Rückkauf der schon früher dem Templerorden überstellten Kapelle des Heiligen Grabes zu Aiterhofen durch Abt Adalbert von St. Emmeram. Mehr und ausführlich hierzu in unserer Arbeit: W. Robl: Der Kreuzzug Herzogs Welfs und St. Peter in Straubing, Berching 2015. [Link]

[07] In der lateinisch verfassten Urkunde wurden viele deutsche Namen von dem der Sprache nicht kundigen, wohl französischen Schreiber verderbt. "Rogerius de Chadolstorf" lässt sich jedoch zweifelsfrei als Roger von Keilsdorf identifizieren, der auch in anderen Urkunden der Zeit nachweisbar ist (z. B. MB 13, S. 40). Keilsdorf liegt in der unmittelbaren Nähe von Riedenburg, neben Baiersdorf, wo sich noch heute eine schöne Obergeschoßkirche findet. Siehe hierzu F. X. Mayer: Monographien oder topographisch-historische Ortsbeschreibungen des Landgerichtsbezirkes Ritenburg in der Oberpfalz, in: Verhandlungen des historischen Vereins für Oberpfalz und Regensburg, Band 4, S. 186 und S. 304ff.. "Hartnit de Hergesingen" stammte aus Hirschling am Unterlauf des Regens; er ist 1190 auch als Ministeriale des Landgrafen Friedrich belegt. Siehe hierzu H. Schneider: Die Landgrafschaft Stefling und die frühe Landgerichtsbarkeit auf dem Nordgau, in: 1000 Jahre Stefling..., S. 27. Hartwich [sic] und Gerhard von Hirschling an der Seite Burggraf Heinrichs auch in QuE Bd. 1, S. 179f.

[08] Der in der Urkunde niedergeschriebene Ortsname "Lugeperch" entspricht am ehesten dem Dörfchen Luckenpaint bei Thalmassing südlich von Regensburg, mitten in der Burggrafschaft. Noch heute kennt man dort einen Burgstall aus dem 12. Jahrhundert. Alternativ handelt es sich um jenen Ort Luckenpaint nördlich von Parsberg, der noch in der Karte des Pflegamts Lupburg von Christoph Vogel aus der Zeit um 1600 eingezeichnet ist, hinterher aber abgekommen sein muss, sodass er im königlich-bayerischen Urkataster (um 1830) nur noch als "Lukassäule" vermerkt ist. Als weitere Alternative kommt Leuchtenberg in der nördlichen Oberpfalz in Frage, wobei diese Variante aber nicht sehr wahrscheinlich ist, da sich die Leuchtenberger gerade damals als treue Vasallen des Stauferkaisers erwiesen. So hatte sich Graf Gebhard II. von Leuchtenberg 1161, 1163 und 1164 - u. a. als Legat in Sizilien - bei Friedrich Barbarossa hochgedient und wurde 1168 von Kaiser mit dem Grafentitel belohnt. Wenn später, nach dem Aussterben der burg- und landgräflichen Linie der Pabonen, die Landgrafschaft auf dem Nordgau von den Steflingern an die Grafen von Leuchtenberg überging, dann mag dies die Treue zum Stauferhaus über die Verwandtschaft mit dem Haus Pettendorf/Wittelsbach bedingt haben. Allerdings sind über diese Achse frühere verwandtschaftliche Verbindungen zu den Pabonen auch nicht ganz auszuschließen, da Erbfolgen in der Regel beachtet wurden. Mehr hierzu weiter unten.

[09] Siehe E. König: Historia Welforum, Stuttgart, Berlin 1938, S. 67.

[10] Siehe MGH SS, Bd. 20, S. 492 und MGH SS, Bd. 17, S. 588.

[11] Für die entscheidende Rolle einer Shigellenruhr plädiert Peter Herde. Siehe P. Herde: Friedrich Barbarossa, die Katastrophe vor Rom von August 1167 und die Würzburger "güldene Freiheit" vom 10. Juli 1168, in: Jahrbuch für fränkische Landesforschung, Bd. 56, Jg 1996, S. 149ff., insbesondere S. 157. Ebenso P. Herde: Die Katastrophe vor Rom im August 1167..., in Sitzungsberichte der Wissenschaftlichen Gesellschaft an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt am Main, Band 27, Nr. 4, 1991. S. 139ff., insbesondere S. 159.

[12] "Eodem quoque tempore pater eius Ierosolimis veniens, reversus Rome ei occurrit; ac visis imperatoris detestabilibus piaculis, ipsum et omnem exercitum detestans, ad propria per vallem Tridentinam revertitur..." Historia Welforum Weingartensis, in MGH SS, Bd. 21, S. 471. Auch E. König: Historia Welforum, Stuttgart, Berlin 1938, S.69. König bezieht das "ei" auf das Objekt des vorangegangenen Satzes, Kaiser Friedrich Barbarossa, was eine Sinnverschiebung der Passage auslöst. Das gleichzeitig enthaltene "pater eius" stellt jedoch klar, wer in Wirklichkeit angetroffen wurde: Welf VII. Zu diesen Zeitpunkt war er vermutlich erkrankt, aber noch nicht agonal, denn Welf VII. starb erst am 12. September in Siena, als einer der letzten des Heeres. Vgl. E. König, a.a.O., Fußnote 221, S. 133.

[13] P. A. Breatnach: Libellus de fundatione ecclesie Consectrati Petri, Münchner Beiträge zur Mediävistik- und Renaissance-For­schung Bd. 27, München 1977. Angaben hierzu auch bei S. Weber: Iren…, S. 647ff.

[14] E. König: Historia Welforum, Stuttgart, Berlin 1938, S. 71

[15] Zur Erinnerung: Heinrichs III. Bruder, Landgraf Otto II. von Stefling, war mit Friedrichs Schwester verheiratet. Deren Mutter Heilika von Lengenfeld und Burggraf Otto I. von Stefling waren bereits in gutem nachbarlichen Kontakt gestanden, sie hatten ihre Kinder verheiratet. Pfalzgraf Friedrich besaß aus dem Muttererbe die Burg Burglengenfeld und die Stiftung Heiligenkreuz in Donauwörth, ganz in Nähe zur Burggrafschaft Regensburg. Heinrich III. und Friedrich hatten sich zuvor schon viele Male bei offiziellen und inoffiziellen Anlässen getroffen. Friedrichs Bruder, Pfalzgraf Otto von Wittelsbach, besaß die Burg Kelheim, die genau zwischen den Burggrafenbesitzungen in Regensburg und Riedenburg lag.

[16] Siehe "Chouonradi Chronicon Schirense", in: MGH SS, Bd. 17, S. 621.

[17] Das Herzogtum Bayern war dem ab dieser Zeit unter Reichsacht stehenden Heinrich dem Löwen entzogen worden. Otto hatte sich als Lebensretter des Kaisers in der Klause von Verona schon auf dessen erstem Italienfeldzug einen Namen gemacht.

[18] Siehe Ried: Regesten…, Nr. CCLXV, S. 243f.

[19] Siehe Monumenta Boica, Bd. 10, Nr. 6, S. 239ff. und (kürzer) Urkunde Nr. CCLXV, in: Ried: Regesten…, S. 243f.

[20] Siehe G. Flohrschütz: Machtgrundlagen und Herrschaftspolitik der ersten Pfalzgrafen aus dem Haus Wittelsbach, in: H. Glaser (Hrsg.): Wittelsbach und Bayern, Bd. 1, 1: Die Zeit der frühen Herzöge, von Otto I. zu Ludwig dem Bayern, München 1980, S. 58f.

[21] Ein Chronist im Kloster Walderbach berichtete später von "incommoda prolixioris exilii sustinens", d. h., "er ertrug die Unannehmlichkeiten eines längeren Exils". Zu dieser Quelle mehr weiter unten in diesem Kapitel.

[22] Es war allein F. Wittmann gewesen, welcher eine "glückliche Rückkehr binnen eines Jahres" angenommen hatte. Fast alle Autoren nach ihm übernahmen ungeprüft diese Hypothese. Siehe F. Wittmann: Die Burggrafen von Regensburg…, S. 390.

[23] Siehe MGH DD, D F I., Nr. 542.

[24] Siehe MGH DD, D F I., Nr. 622 und 623. Daneben zeichnete auch der neue Klostervogt von St. Emmeram, Graf Heinrich von Altendorf, der Burggraf Heinrich in dieser Funktion ersetzt hatte.

[25] Siehe MGH DD, D F I., Nr. 782.

[26] Als Quelle fungiert eine ausführliche Aktennotiz des Klosters Admont in einem Codex, der 1865 bei großen Klosterbrand von Admont den Flammen zum Opfer fiel. Bernhard Pezius, jener Benediktiner aus Melk, der sich um die mittelalterliche Diplomatik im frühen 18. Jahrhundert sehr verdient gemacht hat, hatte eine Abschrift dieser Notiz vorgenommen und 1721 in seinem Thesaurus anecdotorum (Codex diplomat. III/3) veröffentlicht. Die Notiz wurde später unverändert von J. Zahn in das Urkundenbuch des Herzogtums Steiermark übergenommen (Urkunde 538, in J. Zahn: Urkundenbuch des Herzogthums Steiermark, Bd. 1, Graz 1875, S. 496f.).
Die Aktennotiz, die nach 1171 entstand, betraf das Gut Hausham (unbekannter Lokalisation), das die edelfreien Brüder Altmann und Eberhard von Abensberg auf Wunsch ihrer verstorbenen Mutter hin dem Kloster Admont für 400 Silbermark verkauft hatte, da es zu weit von ihrem Stammsitz entfernt war.
Die Admonter hätten das verlangte Geld vor einigen Zeugen im Kloster St. Emmeram in Regensburg übergeben. Da die beiden Brüder aus Abensberg nahe Verwandte Burggraf Heinrichs III. von Regensburg waren und dessen Schwester Leukardis in Admont als Nonne eingetreten war, hätte man sein Mitwirken bei Verkauf annehmen dürfen. Doch davon ist in der Aktennotiz keine Rede. Die erwähnten Zeugen gehörten nicht einmal zu seiner Entourage!
Später, am 29. Januar 1171, hätte Herzog Heinrich von Sachsen und Bayern (der Löwe) in Moosburg an der Isar Hof gehalten und den Adel Bayerns um sich versammelt, wohin auch die beiden Abensberger Brüder gekommen seien. Pfalzgraf Otto VI. von Wittelsbach hätte im Sinne der Admonter der Sache misstraut und die Brüder zu einer öffentlichen eidesstattlichen Erklärung darüber aufgefordert, dass auf dem verkauften Gut keine Rechte Dritter lasteten. Dann sei der Besitzübergang des Gutes mit Schwur vor dem Herzog und dem Hochadel öffentlich vollzogen worden, zu Händen Bruder Konrads, des Cellerars des Admonter Klosters. Als Zeugen, die nach bayerischer Sitte an den Ohren gezogen wurden, wurden genannt: Die Pfalzgrafen Otto und Friedrich von Wittelsbach, Graf Gebhard von Sulzbach, Burggraf Heinrich und sein Bruder Landgraf Otto, Graf Friedrich von Riedenburg, Graf Arnold von Dachau, Markgraf Berthold von Cham-Vohburg (ohne Namensnennung) und sein Bruder Diepold, Markgraf Engelbert von Kraiburg, Graf Theodor von Wasserburg, Graf Konrad von Valley, Graf Siboto von Falkenstein, Graf Wolfram von Dornberg und weitere 42 Adelige.
Allein diese Absicherung genügte dem Kloster Admont nicht. Die Brüder mussten noch am selben Tag den Pfalzgrafen Otto und Friedrich in die Hand hinein versprechen, allen gegenüber, welche Rechte an dem Gut geltend machten, die Verteidigung, den Schutz und die Bekräftigung des Gutes zu übernehmen. Falls sie das nicht gewährleisten könnten, hätten sie dem Kloster Admont den Kaufpreis von 400 Mark zurückzuerstatten. Als Pfand hierfür müssten die Brüder ihr Gut bei "Swarzolfesdorf und Haiholz" zur Verfügung stellen. Wieder wurden Zeugen herbeizitiert, doch von der vorangegangenen Liste waren nur noch vier dabei, zehn weitere waren neu. Keiner der Anwesenden hätten Rechte an dem Lehensgut geltend gemacht außer einen, der freiwillig seinen Verzicht erklärte.
Diese Aktennotiz mit ihrer vierfach gesteigerten Klimax an Rechtsgeschäften lässt an vielen Stellen Zweifel an ihrer Authentizität aufkommen, angefangen von der Unglaublichkeit eines Landtags mitten im strengen Winter über das gänzliche Fehlen des herzoglichen Beamtenstaates in den Zeugenlisten - zumindest Jordan von Blankenburg und Heinrich von Weida müssten dabei gewesen sein - bis hin zur Tatsache, dass zwar ellenlange Zeugenlisten angeführt werden, aber nicht ein schriftliches Diplom bzw. ein Auszug eines solchen. Auch hat sich nicht eine einzige Urkunde gefunden, welche diesen Landtag überhaupt bestätigte. Dennoch hat der Text keinen Widerspruch gefunden; er wurde bisher in alle Biographien Heinrichs des Löwen ungeprüft übernommen, und dies, obwohl schon J. Zahn selbst darauf hingewiesen hatte, dass unter den von ihm veröffentlichten Urkunden zahlreiche Falsifikate seien.
Hätte dieser Landtag in Wirklichkeit gar nicht stattgefunden, wofür sich einige Indizien finden, so dürfte das "Exil" resp. das Verschwinden Burggraf Heinrichs schon für das Jahr 1167 anzusetzen sein, also zu dem Zeitpunkt, als er aus Jerusalem zurückkehrte. Denn auch alle anderen, im Folgenden aufgeführten Urkunden beweisen seine Existenz in Regensburg nach 1167 nicht.

[27] Siehe MGH DD, C 3, Laienfürsten- und Dynastenurkunden der Kaiserzeit, Bd. 1, Die Urkunden Heinrichs des Löwen, 1941: Nr. 54, 71, 72, 74, 84, 85, 86, 93, 97, 98, 99, 100. Urkunde Nr. 100: "iunior burgravius Heinricus".

[28] Siehe J. Geier: Die Traditionen, Urkunden und Urbare des Klosters St. Paul in Regensburg, QuE NF 34, 1986. Die Urkunden mit Burggrafenbezug tragen die Nr. 2, 14b, 23, 26a, 27b, 37b, 37d. A. Schwarz: Die Traditionen des Klosters Prüfening, QuE NF 39,1, München 1991. Die Urkunden mit Burggrafenbezug tragen hier die Nr. 1b, 3, 41, 43, 51, 61, 88a, 105a, 128, 153, 164, 187, 188, 197, 202a, 203, 218, 219, 226. M. Thiel: Die Urkunden des Kollegiatstifts St. Johann in Regensburg, QuE NF 28, 1975. Hier findet sich überhaupt keine Burggrafenunterschrift im betreffenden Zeitraum, was wohl an der Zugehörigkeit des Stiftes zum Dom lag.

[29] Siehe M. Mayer: Regesten…, S. 46f.

[30] Siehe Nr. 137 in M. Mayers Liste.

[31] Siehe Kapitel: Der Burggrafensitz und die Pfalz Kaiser Arnulfs. Urkunde Nr. CCLXXXII von 1183, "Monasterio sancti Emmerami per Praefectum Ratisbonensem adjudicatur praedium Grosratisberg", in: Ried: Regesten…, S. 262.

[32] Z. B. "Heinricus prefectus ratisponensis, qui hujus ecclesie tunc temporis extitit advocatus et eam in tuitionem suam recepit anno dominice incarnationis MCLXXI …" Es war Heinrich von Altendorf, der damals Vogt von St. Emmeram war. Siehe Urkunde Nr. CCIV, in: QuE NF, Bd. 1, S. 99f.

[33] So weicht die Kaufsumme des Gutes Gattersberg von der der Urkunde von 1183 ab und ebenso der zeitliche Abstand zwischen Kaufpreiszahlung und erster Entschädigung. Siehe zum Vergleich die schon genannte Urkunde Nr. CCLXXXII von 1183, in: Ried: Regesten…, Bd. 1, S. 262.

[34] In diese Richtung weist auch eine Urkunde des Jahres 1179, in der ein "Heinricus de Gotratisperg" als Zeuge auftaucht. Dem geschilderten Vorgang nach sollte man eigentlich annehmen, dass der besagte Schenker Heinrich keinen Sohn dieses Namens gehabt hätte. Siehe QuE, NF, Bd. 8, Die Traditionen von St. Emmeram, Urkunde Nr. 926, S. 458f.

[35] Siehe QuE, NF, Bd. 1, Urkunde CCXII, S. 105f.

[36] Letzterer Verdacht liegt auch insofern nahe, als in einer gefälschten Kaiserurkunde Barbarossas, datiert auf den 23. September 1153, dem Abt von St. Emmeram die Vogteirechte des Klosters genauso zugestanden wurden, wie sie hier zur Anwendung kamen: "Decernimus preterea stabilire, ut abbas… ad exequendum illud quem providerit, iudicandi et corrigendi as suum placitum excessus omnium hominum suo monasterio pertinentium habeat liberam facultatem…" Alternativ wurde dem Abt in der Urkunde die Appellation ans Reichsgericht eingeräumt, wohingegen die Jurisdiktion des Klostervogts schlechthin übergangen wurde. Diese Urkunde ist inzwischen als eine Fälschung des 14. Jahrhunderts entlarvt, warum diese so spät erfolgte, bleibt unklar. Siehe MGH, DD F I., Nr. 1034.

[37] Siehe QuE, NF, Bd. 1, Urkunde CCXIII, S. 106f.

[37a] Siehe Urkunde Nr. CLXXXXVII in B.Pez: Thesaurus anecdotorum novissimus..., Bd. 1, Augsburg 1721, Sp. 172f.

[38] Dies und das Folgende ist ausführlich beschrieben bei R. Kriß: Der Kult des seligen Heinrich von Ebrantshausen, in: Bayerischer Heimatschutz, 1928, S. 102ff. Die Geschichte vom seligen Heinrich wurde in etlichen Publikationen aufgegriffen, u. a. im "Lexikon für Theologie und Kirche" und in der "Kirchengeschichte Bayerns" von R. Bauerreiss, Bd. 3, S. 44f.. Ein Ortsgeistlicher von Ebrantshausen, der Geistliche Rat und Heimatforscher J. B. Schmid, verfasste kurz vor seinem Tod eine ausführliche, wenn auch in den Einzelheiten nicht ganz fehlerfreie Chronik, welche leider nie veröffentlicht wurde. Ausführliche und fundierte Angaben zur Legendenbildung, Hagiographie und Entwicklung des Kults finden sich bei B. Möckershoff: Der Selige Heinrich von Ebrantshausen, Legende und Verehrung, Sonderdruck aus: Beiträge zur Geschichte des Bistums Regensburg, Bad. 28, 1994, S. 214ff.

[39] Siehe B. Möckershoff: Der Selige Heinrich…, S. 228f.

[40] Die regionale Ersterwähnung erfolgte in einem Urbar des Klosters Münchsmünster vom 1403: "Eberhartshawsen ad beatum Heinricum de Ryetenburg". Eine erstmalige Druckfassung der Heinrichslegende in Matthäus Raders "Bavaria Sancta" erschien 1624. Hier wird interessanterweise auf eine Chronik von Heinrichs Hauskloster St. Emmeram und auf ein persönliches Manuskript von dessen Abt Wolfgang Selender Bezug genommen! Erneut erwähnt wurde die Geschichte in Band 3 der "Bavaria Sancta" von 1627, in der 2. Auflage von 1704 und in der deutschen Bearbeitung von Rassler 1714. Eine "Vita S. Henrici" fand sich in der ältesten Pfarrmatrikel von Lindkirchen (1694), erhalten als Abschrift von 1759. Weitere Angaben zur Legende finden sich in den Schriften der Pfarrer Peissinger (vor 1689), Zierer (1694) und von Hertel (ca. 1769 und 1775, mit Reimlegende). J. R. Schuegraf (1790-1861) und H. Schwarz meinten, Heinrich sei ein Sohn Graf Pabos von Abensberg gewesen (nach unserer Genealogie Pabo I.), der jedoch schon im ersten Viertel des 11. Jahrhunderts starb und deshalb von vorn herein als Vater ausscheidet. Die Spekulation A. Nagels von 1804, dass Heinrich ein Konverse des Klosters Münchsmünster und ein Bruder Eberhards I. von Ratzenhofen gewesen sein, ist sicher ebenso falsch wir die Datierung seines Todes auf den 29. Januar, nach einem Nekrolog dieses Klosters. Propst P. Dalhammer des Klosters Rohr sprach sich 1784 dagegen für einen Spross der Grafen von Riedenburg aus, womit er Recht hatte.

[41] "Henricus, mit dem Beinamen ‚der Pilger‘, wird als Graf von Riedenburg bezeichnet und war nach Raderus (Bd. III, S. 160) einer der 32 Söhne des Grafen Babo von Abensberg in Niederbayern. Er verließ wie ein zweiter Alexius die Welt, besuchte berühmte Heiligthümer und beschloß endlich seine Tage um das Jahr 1060 bei Ebratshausen (Ebranzhausen) nächst Mainburg in Niederbayern, wo er erkrankt war und sofort erkannt wurde. Nach einem andern Berichte, welchen Raderus an zweiter Stelle anführt, und dem auch die Bollandisten (Jun. II. Append. ad diem XII.) folgten, war er ein Sohn des Grafen Otto von Steffing oder Stefling und der Bertha, einer Tochter des hl. Erzherzogs Leopold von Österreich. Seine Pilgerschaft hatte er gegen 40 Jahre fortgesetzt. An seinem Grabe, welches durch Wunder verherrlichet worden, soll eine Kapelle erbaut worden seyn. Raderus nennt ihn ‚heilig‘. (Rad.)” Zitat aus: Vollständiges Heiligen-Lexikon, Bd. 2. Augsburg 1861, S. 650. Wenn Heinrich III. der Selige von Ebrantshausen war, wofür wir plädieren, sind die Fehler der "Bavaria Sancta" des Raderus offenkundig: Nicht Heinrichs Vater, sondern er selbst war mit Bertha verheiratet. Die 40 Jahre Pilgerschaft können nicht sein. Wenn jedoch das mündlich tradierte Todesjahr 1185 stimmt, hat Heinrich ca. 14 Jahre als Pilger und als Einsiedler in Ebrantshausen verbracht, was auch kein geringer Zeitabschnitt ist, und er wurde ca. 85 Jahre alt.

[42] Siehe J. B. Schmid: Ortschronik Ebrantshausen, 1943, unveröffentlichtes Dokument, S. 71ff. Der Geistliche Rat wog viele Herkunftstheorien ab, bemühte sich um Aufklärung der Herkunft, sah die entscheidenden Quellen jedoch nicht ein. Er selbst hielt Burggraf Heinrich IV. für den seligen Heinrich von Ebrantshausen, der jedoch, wie wir weiter unten nachweisen werden, bei einem Italienaufenthalt Kaiser Friedrichs Barbarossa in Italien starb. Auch B. Möckershoff drang bei ihrer ausführlichen Quellenforschung nicht näher in die Herkunftsgeschichte Heinrichs ein. Siehe B. Möckershoff: Der Selige Heinrich…, S. 214-217.

[43] Die Quelle wurde bereits weiter oben vorgestellt. Siehe M. Mayer: Geschichte der Burggrafen…, S. 70.

[44] Hier fehlt im lateinischen Original nach "diviciis relictis" ein "illisque, qui".

[45] Der Mönch von Walderbach bezeichnete als Pilger "den zweiten Heinrich". An anderer Stelle, in einer Namensliste, nannte er den Mann Berthas von Österreich "den ersten Heinrich - Bertha primi Heinrici" (in Wirklichkeit Heinrich III.). Deshalb bezog M. Mayer den Pilger von "Ebrolzhausen" (sic!) auf Heinrich IV. und meinte, da dies alles nicht zur Genealogie passe, sei die Pilgergeschichte "ohne allen historischen Kern". Siehe M. Mayer: Geschichte der Burggrafen…, S. 43, Fußnote.
M. Mayer widersprach sich mit dieser Stellungnahme selbst, denn im Text selbst hatte er "Bertha primi Heinrici" auf "Bertha prima [uxor] Heinrici" emendiert - zurecht, wie der Kontext zeigt.
Einen ausführlichen Abschnitt widmete der Verfasser der Fundatio jedoch Burggraf Heinrich I., den er als Königsspross ansah und ausdrücklich "Heinricus primus", d. h. "der erste", nannte. Da er von Burggraf Heinrich II. nichts wusste, meinte er, Otto I. habe von diesem abgestammt (was möglich ist, falls Heinrich II. nicht der Vater, sondern der älteste Bruder Ottos war). Doch wenn der Pilger von Ebrantshausen als "der zweite" Heinrich nummeriert wurde (siehe Eingangszeile), dann bezog er sich eben auf diesen ausführlich beschriebenen "ersten Heinrich", der in Wirklichkeit Heinrich II. war, und man muss den Zähler um eins hochsetzen. Somit war der Pilger von Ebrantshausen Burggraf Heinrich III. und kein anderer!

[46] Ausführliche Aufstellung bei B. Möckershoff: Der Selige Heinrich…, S. 217ff.

[47] In einer barocken Reimlegende soll Heinrich sich in jungen Jahren einer Hochzeit entzogen haben, anschließend 40 Jahre umhergewandert sein, dann längere Zeit in Ebrantshausen gelebt haben, in einem Haus verstorben sein, dass nach dem Eintreten von Wundern von seinem Vater gekauft worden sei. Vor allem letzteres ist eine chronologische Unmöglichkeit.

[48] Die Israeliten waren 40 Jahre in der Wüste unterwegs (Numeri 14,29ff.), Jesus fastete 40 Tage (Matthäus 4,2) und weilte nach der Auferstehung noch 40 Tage auf Erden.

[49] Mehr hierzu bei B. Möckershoff: Der Selige Heinrich…, S. 220f.

[50] Zur "Peregrinatio" der iroschottischen Mönche siehe oben. Analog in Frankreich die Bewegung der "pauperes Christi" eines Robert von Arbrissel oder die Eremitenkolonie von Angers um 1100. Als "poverello" gründete Franziskus von Assisi 1205 den größten Armutsorden der Geschichte.

[51] Siehe hierzu unter KdB, Bezirksamt Burglengenfeld, S. 93, und M. Merian: Topographia Germaniae, 1665, Bayern, Stichwort Schwandorf, S. 100. Loybrigus soll ein Sohn jenes Pabo von Abensberg mit seinen 32 Söhnen gewesen sein, den bereits Aventinus in seinen Annalen erwähnte und dessen Verwandtschaft mit den Burggrafen von Regensburg schon weiter oben diskutiert wurde. Sein Kult hat sich erst im 19. Jahrhundert verloren. Mehr über Loybrigus und sein erst kürzlich wieder aufgefundenes Denkmal bei Schwandorf weiter oben!

[52] Ersteres ist in einer der Heiligenlegenden, über die B. Möckersdorf berichtete, angedeutet, letzteres möglicherweise im letzten Gesang des "Burggrave von Rietenburg", enthalten im berühmten Codex Manesse. Die anzunehmende Identität des "Burggrave von Rietenburg" mit Burggraf Heinrich III. wird weiter unten im Kapitel "Der Minnesänger - die Epigonen" argumentativ untermauert. So liest man in der großen Heidelberger Liederhandschrift (MS Heidelberg Cod. Pal. germ. 848, f. 119r.): "Sît si wil das ich von ir scheide · dem si dicke tuot gelîch · ir schoene unde ir güete beide · di lâze si, sô kêre ich mich · swar ich danne landes var · ir lîp der hoehste got bewar · mîn herze erkôs mir diese nôt · senfter waere mir der tôt · danne das ich ir diene vil · und si des niht wizzen wil." Wenn diese Verse anlässlich der Italienfahrt Heinrichs entstanden sein sollten, so ist es gut möglich, dass sich die Aussagen auf seine zweite Ehe und seine Frau aus dem Grafenhaus von Oettingen bezogen.

[53] Die über dem Grab errichtete gotische Heinrichskapelle von 1520 mit ihrem prächtigen Schmuck, mit dem Büstenreliquiar Heinrichs, seinem Bußreifen und Glöckchen, lohnt durchaus einen Besuch. Was die Ebrane von Ebrantshausen anbelangt, so sind sie zwar erst ab dem 13. Jahrhundert schriftlich verbürgt (1272), nachdem sie über Lauterbach nach Pürkwang, einem alten Lehen der Pabonen, das diese an St. Emmeram weitergegeben hatten, übergesiedelt und in der Nähe das Schloss Wildenberg gegründet hatten (1272). Ihre Abstammung von Ebrantshausen, wo sich schon aus der Zeit der Ungarneinfälle ein befestigter Edelsitz befand, steht jedoch wegen der Namensgleichheit außer Zweifel. Siehe hierzu auch von J. B. Schmid: Ortschronik Ebrantshausen, 1943, S. 39ff. Warum die Ebrane Ebrantshausen verließen, bleibt im Dunkel der Geschichte.

[54] Nach 820 wurde ein Eigenkloster in Englbrechtsmünster mit der Pfarrkirche St. Emmeram in Geisenfeld an das Emmeramskloster in Regensburg geschenkt, später, im Jahr 1037, von den Grafen von Sempt-Ebersberg nach Geisenfeld verlegt. Die ganze Gegend war ein Missionsgebiet von St. Emmeram in Regensburg, wie auch an zahlreichen Emmerams-Patrozinien von Dorf- und Pfarrkirchen erkennbar ist (siehe auch FN 59).

[55] Die Schutzvogtei von Geisenfeld, die in früheren Zeiten von den verwandten Abensbergern versehen worden war, war ab 1130 auf die Wittelsbacher übergegangen. Zu Heinrichs Zeiten war Pfalzgraf Otto von Wittelsbach, der Bruder seines Freundes und Pilgergefährten Friedrich, Schutzvogt von Geisenfeld.

[56] Siehe hierzu auch M. Spindler (Hrsg.): Handbuch der Bayerischen Geschichte, Bd. 1, S. 329. Emmeram besaß seit 820 große Ländereien bei Ilmendorf und Rockolding (ca. 10 km von Ebrantshausen), Pöbenhausen (1,5 km von Ebrantshausen), Ober- und Unterlauterbach (6,5 km von Ebrantshausen) und anderen Orten. Siehe O. Beck: Studien über die Grundherrschaft St. Emmeram - Regensburg, Inauguraldissertation, München 1921, S. 9 und S. 50ff. In Ebrantshausen selbst verfügte St. Emmeram über ein Haus und den Zehent. Information von J. B. Schmid: Ortschronik Ebrantshausen, 1943, S. 45f., unveröffentlichtes Dokument. Emmerams-Patrozinien finden sich in Geisenhausen, Eschelbach, Niederlauterbach und Geisenfeld.

[57] Die Episode im Schwedenkrieg beschrieb Michael Wening in seiner "Historico-topographica Descriptio Bavariae". Siehe M. Wening: Historico-topographica descriptio Bavariae, München 1701, Bd. 1, S. 73.

[58] Bekannt sind die Orte Mühlhausen (Obergeschoßkirche!), Mauern und Irnsing beim heutigen Neustadt a. d. Donau. Die Orte liegen relativ dicht beieinander, zu beiden Seiten der Donau, in ca. 25 km Luftlinie von Ebrantshausen entfernt. Es handelt sich genau um die Distanz, die von Wallfahrern am Patrozinium-Wochenende hin und zurück bewältigt werden kann.

[59] Das Nekrolog des Klosters Weltenburg aus dem 13. Jahrhundert nennt seinen Todestag und Namen: "II. Non. Jan. Henricus comes de Rietenburch." Siehe Monumenta Boica, Bd. 13, S. 473. Der Sterbetag wurde bei M. Mayer mit dem seines Sohnes, Heinrichs IV., verwechselt. Zur Begründung siehe weiter unten, bei Heinrich IV..

[60] Zum Patrozinium mehr auch bei E. Sauser: Heinrich von Ebrantshausen, in: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon, Bd. 18, 2003, Sp. 602f. Im Nekrolog von St. Jakob in Regensburg ist Heinrich für den 25. Mai kommemoriert, was zu oben genanntem Todestag keinen Widerspruch darstellen muss, da Todestag und Kommemorationstag nicht zwangsläufig identisch sein müssen (oft entsprach letzterer dem Tag des Eintreffens der Todesnachricht im Konvent).

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