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Einleitung

"...da stand ein sehr fester turmartiger Bau, aus Quadersteinen in gediegener Arbeit zusammengefügt. Staunenswert aber war die Größe der Steine. Denn er bestand nicht aus gewöhnlichen Felsblöcken oder solchen, die Menschen tragen konnten. Er war vielmehr von Künstlerhänden so gestaltet, dass er, auf vier Pfeilern ruhend, einem römischen Bauwerk ähnelnd, kaum oder nie eine Fuge aufwies…" [01]

Anlass zu dieser Studie gab ein Besuch der romanischen Kirche in Schönfeld, einem Weiler in der Gemeinde Wald, am Tag des offenen Denkmals in Bayern im September 2008.

Kirche von Schönfeld im bayerischen Vorwald
Relativ einsam in einer offenen Talsenke des Bayerischen Vorwaldes liegend und nur von zwei bäuerlichen Betrieben flankiert, bietet die romanische Kirche von Schönfeld dem unvorbereiteten Besucher schon beim ersten Anblick ein eindrucksvolles Erlebnis: Ihre wuchtige Monumentalität, ja nahezu städtische Dimension steht in herbem Kontrast zur rustikalen Umgebung. Diese dem heiligen Ägidius geweihte Kirche wurde in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts von einem geschulten Baumeister im Stil der Hochromanik als einschiffiger Saalbau errichtet, mit zwei Gewölbejochen und einer eingezogenen Rundapsis. Ihre Außenschale besteht aus großen Granitquadern, welche in ungewöhnlicher Sorgfalt behauen und nahezu mörtellos geschichtet wurden. Zahlreiche Steinmetzzeichen weisen die hier tätigen Handwerker als Meister ihrer Zunft aus. In der Mauerstärke ausgeführte, schmale Treppenaufgänge von der Westempore zu den Gewölben deuten auf ein heute nicht mehr vorhandenes Obergeschoß hin, so dass ursprünglich ein ungewöhnlich hoher Bau bestand. Wahrscheinlich wurde die aufwändige Konstruktion von den Handwerkern der ersten Generation nicht mehr vollendet, denn die Mauerkrone ist im Vergleich zu den Wänden deutlich weniger sorgfältig ausgeführt und die Gewölbefelder weisen nur noch ein höckeriges Tableau aus Bruchsteinen auf.

Wissenschaftliche Analysen haben erwiesen, dass ein versierter Steinmetz des Mittelalters durchschnittlich einen Quadratmeter Granitoberfläche am Tag bearbeiten konnte, dabei im Team von ca. fünf Hilfsarbeitern unterstützt wurde und mit diesen zusammen ein Kalorienäquivalent verbrauchte, welches von ca. 25 (!) Landarbeitern tagtäglich erwirtschaftet werden musste. Aus diesen Anhaltszahlen mag man ersehen, welcher Aufwand für den Bau solcher Kirchen zu einer Zeit reiner Handarbeit getrieben wurde. Vor diesem Hintergrund wird auch verständlich, dass dieser Bau keinesfalls von den im 12. Jahrhundert hier ansässigen Bauern und Landleuten allein bewerkstelligt werden konnte. Es waren vielmehr die Mittel eines übergeordneten Grundherren dazu nötig, dem allein ja auch das Recht der Stiftung oblag.

Doch wer war dieser im vorliegenden Fall? Unseres Wissens gibt es kein Diplom, kein Geschichtswerk, welches über die Erbauung der Kirche von Schönfeld Auskunft gäbe. Früheren Spekulationen darüber, dass hier einst eine größere Burg stand, wird man sich nicht anschließen; dagegen sprechen einige Argumente. Es ließ sich lediglich in Erfahrung bringen, dass im Jahr 1193 ein gewisser "Arnoldus de Schoenenvelt" eine Urkunde zugunsten des Damenstiftes Obermünster in Regensburg und im Jahr 1205 einen Vergleich zwischen dem Bischof von Regensburg und Herzog Ludwig dem Kelheimer signierte. Es handelte sich bei Arnold möglicherweise um einen Zensualen, dem der Aufstieg zum Ortsministerialen geglückt war, wobei er spätestens ab 1210 in Diensten des Regensburger Bischofs stand. Wir werden später auf ihn zurückkommen. Ob dieser Arnold als Baumeister der Kirche in Frage kam? Im Jahr 1282 fiel die Kirche zusammen mit der nahen Burg Siegenstein an das bischöfliche Hochstift Regensburg. Dieses Datum lag ca. ein Jahrhundert nach der Grundsteinlegung und viel zu spät, um seinerseits eine schlüssige Erklärung über das Entstehen abzugeben.

Ein Rätsel blieben auch die baulichen Eigenheiten der Kirche, besonders die eigenartigen Maueraufgänge zu einem abgegangenen Obergeschoß über dem Sakralraum. Obwohl sich diese Merkmale an anderen Kirchen der Region wiederholen, so sind doch die entscheidenden Fragen bis heute nicht beantwortet:

Für welchen Zweck waren diese Kirchen und vor allem ihre ungeweihten Obergeschoße vorgesehen?

In welcher Art und Weise und wie lange wurden sie benutzt?

Worin fand die bauliche Disposition der Räume ihr architektonisches Vorbild?

Diese und andere Fragen ließen uns seit jenem Septembertag nicht mehr los, und so begannen wir nachzuforschen. Die Resultate der Recherche werden im Folgenden vorgestellt.

 


[01] Rahewin um 1160. Siehe Gesta Friderici, z. B. Edition F.-J. Schmale, Darmstadt 1974, S. 486f.

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